Brennen für Bayern:In Ekstase

Lesezeit: 2 min

Auf dem Neujahrsempfang der CSU in Haimhausen erklärt Edmund Stoiber, warum im Freistaat alles so bleiben soll, wie es ist.

Wolfgang Eitler

Fan trifft Idol: Manfred Moosauer, CSU-Gemeinderat, Arzt und Archäologe aus Leidenschaft, erzählt ungefragt von seiner Freundschaft mit Edmund Stoiber. Der ehemalige bayerische Ministerpräsident hat von ihm sogar eines der seltenen Exemplare der Sumpfschildkröte geschenkt bekommen. Für Moosauer ist Stoiber eh nur nach Haimhausen auf den traditionellen Neujahrsempfang der CSU gekommen, "damit I a Freid hob". Und so lässt er Stoibers Hand während der Begrüßung im Foyer des Festsaals der Bavarian Internationale School nur zögerlich wieder los. Der Dachauer Landrat Hansjörg Christmann gibt hingegen den stillen Genießer, als ihn Stoiber als ehemaligen Kollegen und Kreisvorsitzenden der Jungen Union tituliert. Das waren anscheinend "gute Zeiten" (Christmann), damals 1968, mitten in der Phalanx der Nachwuchsorganisation mit Stoiber, Tandler oder Streibl.

Fan trifft Idol: Es folgt der Auftritt des CSU-Landtagsabgeordneten, Dachauer CSU-Kreisvorsitzenden, Haimhausener Ortsvorsitzenden und Gemeinderat Bernhard Seidenath. Stramm steht er oben auf dem Podium nach dem Defiliermarsch der Dorfmusik, wie ein Chorknabe, und hebt in pastoralem Ton, als würde er eine Predigt halten, seine Hymne auf den Mann an, "der Bayern zu dem gemacht hat, was es heute ist". "Er begrüßt "unseren Ministerpräsidenten", als hätte es nie einen anderen gegeben. Ekstatisch steigert er sich zu einer tiefen Verneigung: "Sie sind der Idealtypus des homo politicus. Sie brennen für Bayern." Als passionierter Anwalt der ideellen Einheit von Kirche und Politik wünscht er Stoiber und allen Zuhörern noch "Gottes Segen".

Das Idol tritt auf: Der ehemalige Ministerpräsident brennt zurzeit vor allem für Europa. Er gestikuliert, er redet mit dem ganzen Körper, die Stimme überschlägt sich, er holt sich das Mikrofon direkt an den Mund und rudert mit den Armen. Der ganze Körper spricht. Seine Rede wird zu einem weit ausholenden Streifzug durch ganz Europa, von Portugal über Bunga-Bunga-Berlusconi bis zum irischen Präsidenten, der erst kürzlich in Kreuth der CSU die enormen Leistungen und Anstrengungen seiner Bevölkerung "bedrückend und beeindruckend" schilderte.

Durch die ganze Rede zieht sich als roter Faden sein eigener Wandel vom Euro-Kritiker ("die Fragen heute hätte ich lieber vor 15 Jahren diskutiert") zum Anwalt für Europa. Er kritisiert Peter Gaulweilers Skepsis und Gegnerschaft als populistisch und nimmt für sich in Anspruch, seinen Nachfolger Horst Seehofer "in zahlreichen Gesprächen" auf Kurs gebracht zu haben. Er lobt "die Merkel" und die SPD für deren Unterstützung der Bundeskanzlerin in der Europapolitik. Er zeigt Mitgefühl für den SPD-Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück, der wegen der klaren Position zu Europa und der Politik der Bundesregierung in dieser Frage eben Schwierigkeiten haben dürfte, den Machtwechsel zu erreichen. Er zeigt viel Verständnis für dessen Neigung, "kein Fettnäpfchen auszulassen". Stoiber sagt: "Da habe ich auch Erfahrung." Der Saal lacht.

Bayern und konsequenterweise Pep Guardiola kommen in seiner Rede schließlich auch noch vor. "Nicht ganz ernst gemeint", fügte Stoiber hinzu, dass der ehemalige Fußballtrainer des FC Barcelona schon wusste, warum er sich für Bayern und für den FC Bayern entschieden hat. Langer Applaus.

Zuvor hatte Bernhard Seidenath den Freistaat ironiefrei auf die höchste Ebene gehoben: "Deutschland ist die Nummer eins in Europa. Bayern die Nummer eins in Deutschland. Also ist Bayern Nummer eins der Champions League." Und Haimhausen? Die Gemeinde ist eine Insel der Seligen, weil die Opposition im Gemeinderat, auch die SPD, Bürgermeister Peter Felbermeier von der CSU energisch lobt. Felbermeier wurde von Seidenath zum "Gemeindevater" gekürt und bedankte sich artig.

© SZ vom 21.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: