Bergkirchen:Kinder müssen zwei Kilometer zur Schule laufen

Der Fußmarsch für Schüler aus Deutenhausen und Feldgeding ist nicht ideal, der Bus teuer. Die Gemeinde prüft, was sie tun kann.

Von Petra Schafflik, Bergkirchen

Eltern aus Deutenhausen und Feldgeding sind sauer: Weil sie zu nahe an der Schule Bergkirchen wohnen, dürfen ihre Kinder den Schulbus nicht kostenlos nutzen. Doch der Schulweg führt außerhalb der Ortschaft entlang von Feldern und stark befahrenen Straßen. "Welche Mutter lässt ihr Kind da ohne Bedenken alleine laufen?", fragt sich Blanka Kuchler, Mutter von drei Schulkindern. Weil Polizei und Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt keine "besondere Gefahr" sehen, gilt die Kostenfreiheit des Schulwegs nicht. Die Gemeinde hat schon 2011 anerkannt, dass die Schulwege nicht ideal sind und zahlt für Grundschüler einen freiwilligen Bus-Zuschuss von 50 Prozent. Doch die Familien fordern, dass die Fahrkarte voll übernommen wird. "Am Geld liegt es nicht", sagte Bürgermeister Simon Landmann (CSU). Doch er fürchtet rechtliche Probleme. Diese sollen nun geprüft werden, bevor der Gemeinderat entscheidet.

25 Eltern haben in einem gemeinsamen Antrag ihr Anliegen an die Gemeinde formuliert und eine Unterschriftenliste eingereicht. Am Mittwoch verfolgte dann gut ein Dutzend Väter und Mütter im Sitzungssaal die engagierte Diskussion im Gemeinderat. Die Familien empfinden es als ungerecht, dass sie für den Schulbus zahlen sollen, der sowieso durch ihr Dorf fährt und Schüler aus weiter entfernt liegenden Ortschaften kostenlos zur Schule transportiert. "Alle sitzen drin, und unsere Kinder dürfen nicht mitfahren", beklagte eine Mutter vor der Sitzung. Tatsächlich dürfen die Mädchen und Buben aus Deutenhausen oder Feldgeding schon in den Bus einsteigen. Aber ihre Eltern müssen dafür 37,40 Euro monatlich für eine Fahrkarte bezahlen. Laut gesetzlicher Vorgabe ist Grundschülern ein Schulweg von zwei Kilometern zuzumuten, Mittelschüler müssen drei Kilometer bewältigen. Nur bei weiteren Strecken muss die Gemeinde den Transport zur Schule übernehmen. Wer also nahe an der Schule wohnt, muss laufen, radeln - oder für den Bus bezahlen. Eine Ausnahme wäre nur möglich, wenn Polizei und Straßenverkehrsbehörde eine Strecke als "besonders gefährlich" einstufen. Doch das ist in Bergkirchen nicht der Fall.

Bergkirchen: Der Weg zur Schule führt die Kinder an Feldern und stark befahrenen Straßen vorbei.

Der Weg zur Schule führt die Kinder an Feldern und stark befahrenen Straßen vorbei.

(Foto: Toni Heigl)

"Es gab mehrfache Begehungen", sagt der Bürgermeister. Zuständig für die Beurteilung ist Karl-Heinz Krem, Leiter der Straßenverkehrsbehörde des Landkreises, der regelmäßig Schulwege im Landkreis gemeinsam mit Verkehrsexperten der Polizei prüft. Krem erklärt auf Nachfrage der SZ, dass ein Weg als "besonders gefährlich" gelte, wenn er ohne Bürgersteig entlang einer viel befahrenen Landstraße verlaufe, durch einen Wald führe oder völlig abgelegen liege. Das Kriterium "gefährlicher Schulweg" trifft in Bergkirchen derzeit noch für Kinder aus Eisolzried zu, erklärte auch Bürgermeister Landmann im Gemeinderat. Dort führt entlang der Staatsstraße kein Gehweg. Sobald aber der bereits geplante Weg fertig ist, werden auch die Eisolzrieder Eltern fürs Busticket zahlen müssen.

Allerdings: Wirklich ideal sind die jetzt strittigen Wege von Feldgeding den Kirchberg herauf oder von Deutenhausen entlang der Landstraße für Kinder nicht. Das erkennt auch die Gemeinde an. So gibt es beim Fuß- und Radweg von Deutenhausen her keine Beleuchtung, an der Strecke von Feldgeding herein fehlt in Bergkirchen ein Bürgersteig. Deshalb übernimmt die Gemeinde seit 2011 schon für Grundschüler auf Antrag die Hälfte der Ticket-Kosten, 16 Kinder haben im laufenden Schuljahr darauf einen Anspruch. "Kein Schüler muss zu Fuß gehen", sagt der Bürgermeister. Aber für Familien, die oft mehrere Schulkinder haben, bleiben die Fahrkosten eine Belastung. "56,10 Euro im Monat für je ein Kind in Grund- und Mittelschule, mit dem Auto ist es billiger", sagte eine Mutter im Sitzungssaal.

Bergkirchen: Die Römerstraße in Bergkirchen hat keinen Gehweg - für Kinder auf dem Weg zur Schule nicht ideal.

Die Römerstraße in Bergkirchen hat keinen Gehweg - für Kinder auf dem Weg zur Schule nicht ideal.

(Foto: Toni Heigl)

Für einen Sinneswandel in Bergkirchen machte sich deshalb SPD-Gemeinderätin Dagmar Wagner stark. Mit dem Gewerbegebiet GADA sei das Gefährdungspotenzial auf den Ortsstraßen enorm gestiegen, dazu komme die Belastung durch den morgendlichen Pendlerverkehr aus dem Hinterland. "Sie sollten sich mal in den Blickwinkel der Kinder versetzen", appellierte Wagner an ihre Ratskollegen. Die Kosten fürs Busticket träfen gerade Familien mit mehreren Kindern hart. Wagner forderte, nach dem Vorbild von Odelzhausen die Fahrkarten voll zu übernehmen. In der westlichen Nachbargemeinde hat der Gemeinderat erst im Frühjahr die Kostenübernahme für Taxa, Höfa und Roßbach bis zum Schuljahr 2016/17 fortgeschrieben. Doch Bürgermeister Landmann äußerte Bedenken. Schon der 50-Prozent-Zuschuss werde regelmäßig von der Rechnungsprüfung beanstandet. Wenn die Gemeinde jetzt auch noch den staatlichen Anteil der Schülerbeförderungskosten freiwillig übernehme, könnte das rechtliche, gar strafrechtliche Folgen haben.

Auf Anregung von Gemeinderätin und zweiter Bürgermeisterin Edith Daschner (FWG Bergkirchen) wird die Verwaltung nun prüfen, ob eine volle Kostenübernahme ohne juristische Konsequenzen möglich ist. Dann wird das Gremium in einer seiner nächsten Sitzungen entscheiden. Die Eltern im Saal bleiben optimistisch. Ihr Fazit: "Immerhin keine Ablehnung."

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