Auseinandersetzung in der Altstadt:Tohuwabohu mit Küchenbeil

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Das Amtsgericht kann nicht klären, ob es die angeklagte Gastronomin war, die einen Betrunkenen 2012 verletzt hat

Von Renate Zauscher, Dachau

Mit einem Freispruch endete am Mittwoch eine Verhandlung im Amtsgericht Dachau, bei der es um den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung ging. Angeklagt war eine 47-jährige Frau, die vor fünf Jahren einem stark alkoholisierten Mann Schnittverletzungen an Unterarm und Hand zugefügt haben soll, der gerade vom Volksfest Dachau kam. Ereignet hatte sich der Vorfall in der Dachauer Altstadt vor einem Lokal, das die Angeklagte und ihr mittlerweile geschiedener Mann damals führten.

An jenem Augusttag 2012 war eine Gruppe von vier Volksfestbesuchern, zwei Männern und zwei Frauen, denen sich unterwegs noch ein drittes Paar angeschlossen hatte, auf den Wirt getroffen. Mit dabei: seine Frau und ein weiterer Mann, der nach Lokalschluss im Begriff war heimzufahren. Es kam zum Streit zwischen den Gruppen und im Zuge der Auseinandersetzung zu den Verletzungen des Mannes, der jetzt als Zeuge geladen war. Eine frühere Verhandlung gegen einen der Wirtsleute war 2014 ebenfalls mit einem Freispruch abgeschlossen worden. Ein Verfahren gegen den damals verletzten Mann wurde eingestellt.

Jetzt also sollte, mit mehrjähriger Verspätung, geklärt werden, ob die ehemalige Wirtin des Lokals die Verletzungen des Mannes zu verantworten hat. Sie selber erklärte, unterstützt von einer Dolmetscherin, dass der Streit von der Gruppe der Volksfestbesucher ausgegangen sei. Sie selbst habe versucht zu schlichten, sei aber im Zuge der Auseinandersetzung von einem "sehr großen Mann" aus der anderen Gruppe angegriffen worden und habe große Angst gehabt. Ein am Boden liegendes Messer habe sie genommen und vor ihrem Gesicht hin und her bewegt, um den Mann abzuschrecken, der aber erst dann weggelaufen sei, als Polizeisirenen zu hören gewesen seien. Angesichts der Fotos, die die im Krankenhaus genähten Schnittwunden des Mannes dokumentierten, erklärte die Angeklagte nachdrücklich: "Das habe ich nicht gemacht". Überhaupt habe sie kein Blut gesehen.

Woher also kamen die Verletzungen? Der Mann, der sie erlitten hatte und jetzt als Zeuge aussagte, konnte wenig Erhellendes dazu beitragen: Jemand habe ihn im Zuge der Auseinandersetzung "geschubst". Er habe einen harten Gegenstand am Rücken gespürt und sei zu Boden gefallen. Dann sei da jemand mit einem Messer gewesen und habe es "im Zickzack hin und her geschwenkt". Wer in dem Streit welche Rolle gespielt habe, ob es ein Mann oder die Frau war, könne er nicht sagen, erklärte der Zeuge, er habe auch keinerlei Erinnerung an die Frau auf der Anklagebank. Die Frage von Richter Lukas Neubeck, warum er nicht einfach weggelaufen sei, konnte er nicht beantworten, verwies aber auf seinen stark alkoholisierten Zustand. Seine Freunde hatten sich an den Straßenrand zurückgezogen aus Furcht vor weiterer Eskalation.

Ungeklärt blieb, ob einer der beiden "asiatisch aussehenden" Männer das Messer aus der Lokalküche geholt und es zunächst selbst benutzt hatte und welche Rolle ein "Hackbeil", das die Polizei später fand, gespielt haben könnte. Auch von einem Sonnenschirm mit Betonsockel war die Rede, mit dem der "große Mann" wohl zu Boden geschleudert worden war. Auch ihr Ehemann sei getreten und zu Boden geschlagen worden, hatte die Angeklagte ausgesagt.

Wenig zur Klärung des Vorgangs trugen die zum Teil widersprüchlichen Aussagen weiterer Zeugen bei. Am schlüssigsten schien Richter Neubeck die Aussage einer Nachbarin, die von einer "Verteidigungshaltung" der messerschwenkenden Frau berichtete. Auch von fremdenfeindliche Beleidigungen durch den Hauptzeugen berichtete sie. Dennoch blieb vieles von dem, was sich vor fünf Jahren in der Dachauer Altstadt ereignet hat, im Dunkeln.

"Der Grundton ist: Es waren mehrere im Spiel", sagte Neubeck zusammenfassend. Er verzichtete darauf, noch weitere Geladene anzuhören. Da nicht auszuschließen sei, dass die Verletzungen auch durch eine andere am Streit beteiligte Person entstanden seien, müsse die Angeklagte nach dem Grundsatz "In dubio pro reo" freigesprochen werden. Dieser Sicht schlossen sich auch Staatsanwältin Laimböck und in einem kurzen Schlusswort der Verteidiger der Angeklagten, Rechtsanwalt Martin Scharr, an.

© SZ vom 14.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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