Ausbau des Nahverkehrs:Karlsfeld rückt noch näher an München

Lesezeit: 3 min

Die Gemeinde an der Landkreisgrenze bekommt ein unerwartetes Geschenk: Eine Nachtbuslinie für die Fasanerie und Ludwigsfeld soll von Dezember an bis in die Neue Mitte ausgedehnt werden. Vorerst am Wochenende, bei großer Nachfrage kann der Bus auch werktags fahren

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Wer im Landkreis wohnt und sich ins Münchner Nachtleben stürzt, muss dieses Vergnügen meist zeitig wieder abbrechen, um noch die letzte S-Bahn zu erwischen - oder er muss bis zum frühen Morgen ausharren, wenn wieder die ersten Züge rollen. Für die Karlsfelder gilt das von Dezember an nicht mehr: Zum Fahrplanwechsel führt die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) eine neue Buslinie ein, die Nachtlinie N71. Freitag- und Samstagnacht sowie in der Nacht vor Feiertagen fährt sie im Halbstundentakt von 1.30 Uhr bis 5.30 Uhr vom Westfriedhof München über das Olympia-Einkaufszentrum (OEZ), die Fasanerie und Ludwigsfeld bis ins Karlsfelder Zentrum. Im Hauptausschuss des Gemeinderats löste die Nachricht helle Begeisterung aus. "Das ist wie Weihnachten und Ostern zusammen", sagt Bündnis-Gemeinderat Adrian Heim. "Um diese Linie wird uns jede Gemeinde im Landkreis beneiden."

Für Partygänger ist die Verbindung ideal: Die neue N71 schließt direkt an die Nachttram N20 an, die vom zentralen Rendezvous-Punkt der Nachtlinien am Stachus zum Westfriedhof fährt. Mit zweimal Umsteigen können sich die Karlsfelder von Dezember an ohne nennenswerte Wartezeit alle halbe Stunde in die Ortsmitte bringen lassen. CSU-Fraktionssprecher Bernd Wanka sieht in der neuen Linie "eine leistungsfähige Alternative zur S-Bahn". Der Bahnhof liegt am Ortsrand. Die Jüngeren müssen mitten in der Nacht oft noch Eltern oder die großen Geschwister als Taxi-Chauffeur bemühen, um nach Hause zu kommen. Im zentralen Bereich rund um die Neue Mitte, wo der Bus mehrere Stationen anfahren soll, leben etwa 10 000 Menschen - fast die Hälfte der Karlsfelder.

Quer durch alle Fraktionen herrscht helle Begeisterung über die Idee, die Oliver Faltlhauser von der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) den Gemeinderäten am Dienstag unterbreitet hat. Bedanken können sie sich beim Münchner Bezirksausschuss Feldmoching-Hasenbergl. Der hatte kurzfristig die Einrichtung der Nachtlinie beantragt, um die Verkehrsanbindung für die zahlreichen Wohnneubaugebiete im Münchner Norden zu verbessern. Weil auch die an Karlsfeld angrenzende Siedlung Ludwigsfeld noch mit aufgenommen werden sollte und ein Bus in einer halben Stunde den Hin- und Rückweg nicht schaffen würde, musste die MVG für den Betrieb zwei Busse bereitstellen. Für eine halbe Stunde Fahrzeit ist die Strecke nach Ludwigsfeld eigentlich zu kurz. Der Bus würde eine Viertelstunde sinnlos herumstehen.

So entstand die Idee, die freie Kapazität zu nutzen, um auch noch eine Schleife über Karlsfeld zu fahren. Die Haltestellen existieren bereits. Über den Würmkanal an der Münchner Straße soll die Route in einer Schleife rund um die Neue Mitte über die Haltestellen Krenmoosstraße, Schwaigerbachweg, Falkenstraße, Kiem-Pauli-Weg und dann über Gartenstraße und Rathaus zurück zur Münchner Straße geführt werden. Wartezeiten in Karlsfeld sind nicht vorgesehen; der Bus fährt gleich wieder zurück nach München zum Westfriedhof. Dort wartet der Fahrer, wenn nötig, auf die Leute aus der Nacht-Tram N20.

Das "Geschenk" der MVG ist nicht kostenlos zu haben. Weil der Landkreis Nachtlinien in der Regel nicht finanziert, muss die Gemeinde die Kosten für die Betriebskilometer auf dem eigenen Gebiet übernehmen. Weil es hier aber nur um eine Strecke von insgesamt 3,4 Kilometern geht, fällt die Rechnung mit 9970 Euro für eine Buslinie vergleichsweise günstig aus. Dabei ist noch nicht mal der Teil gegengerechnet, der durch Fahrtentgelte wieder hereinkommt. "Diese Größenordnung ist auch in unserem knappen Haushalt machbar", sagt Finanzreferent Holger Linde, der sonst gerne als Sparfuchs auftritt. Mit dem Nachtbus könne die Gemeinde "etwas sehr Gutes für die Bürger tun, insbesondere für Jugendliche und Berufstätige".

Sollte die Linie gut angenommen werden - wovon die meisten ausgehen - könnte der Bus täglich verkehren, was auch Werktätigen, insbesondere Schichtarbeitern das Leben enorm erleichtern könnte. Nun müssen Routen und Fahrplan noch im Detail geplant und genehmigt werden, Oliver Faltlhauser sieht allerdings keinen Grund, warum dieses "tolle interkommunale Projekt" nicht kommen sollte. Für die Münchner, die Karlsfelder und die MVG bietet die anvisierte Lösung nur Vorteile.

Der Dachauer Kreistag und der Münchner Stadtrat entscheiden diese Woche außerdem über die Buslinie 160. Stimmen die Gremien zu, bekommt die Gemeinde mit dem Winterfahrplan auch eine Linie, die vom Karlsfelder Zentrum über den rasant wachsenden Ortsteil westlich der Bahn über Allach nach Pasing fährt.

Beide Projekte fügen sich ideal in die Zielvorgabe des Karlsfelder Verkehrsentwicklungsplans, Autofahrer zum Umstieg auf den Öffentlichen Personennahverkehr zu animieren. "Da haben wir zum Fahrplanwechsel einen Riesenerfolg", freut sich Bürgermeister Stefan Kolbe (CSU). "Das ist ein tolles Signal für die Öffentlichkeit."

© SZ vom 27.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: