Amtsgericht Dachau:Bewährungsstrafe für Kinderschänder

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Die Therapie mit Medikamenten rettet den 58-jährigen Täter vor einer erneuten Haftstrafe wegen sexuellen Missbrauchs.

Anna Schultes

Wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und exhibitionistischen Handlungen ist der Angeklagte bereits mehrfach vorbestraft. Der 58-Jährige saß deshalb mehrmals im Gefängnis, zuletzt musste er eine Haftstrafe von zwei Jahren verbüßen. Sechs Monate nach seiner Entlassung belästigte er im Oktober 2010 in einem Zug der Linie S2 zwischen Allach und Dachau ein elfjähriges Mädchen. Das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Lars Hohlstein verurteilte den Münchner vor dem Amtsgericht Dachau wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Das Schöffengericht begründete dieses Urteil und den Verzicht auf eine weitere Haftstrafe mit einer aus seiner Sicht erfolgreichen Therapie des Angeklagten. "Es scheint bei Ihnen wirklich eine erkennbare Besserung zu geben", sagte Richter Hohlstein.

Die Elfjährige stieg in die S-Bahn und setzte sich auf einen freien Sitzplatz - der Angeklagte folgte ihr. (Foto: dpa)

Nachdem der Angeklagte die Tat zunächst abgestritten hatte, legte er nach einem Rechtsgespräch und nach Rücksprache mit seinem Verteidiger ein Geständnis ab. Zum Zeitpunkt der Tat befand sich der Mann in der S-Bahn-Linie 2. In Untermenzing stieg die Elfjährige in den Zug. Das Mädchen setzte sich am Halt Allach auf einen freien Sitzplatz, wohin ihr der Angeklagte folgte. Er stellte sich neben das Kind und begann, sich selbst zu befriedigen. Den Genitalbereich bedeckte der 58-Jährige mit einer Tüte. Er wandte den Blick nicht von dem Mädchen ab und zwinkerte ihr zu, bis sie am Bahnhof Dachau ausstieg.

Der Münchner leidet an einer Hormonstörung. Seit sechs Monaten nimmt er ein Medikament mit libidohemmender Wirkung, zudem macht er eine Sexualtherapie. Die Straftaten nennt er "einen krankhaften Versuch, den Hormonhaushalt zu pushen". Sie hätten ihm keinen Spaß gemacht, sondern seien ihm peinlich gewesen. Die Psychotherapie in den vergangenen Jahren habe ihm nicht geholfen. "Ich hatte immer wieder das Gefühl, im Kreis zu laufen." Das Medikament schlage aber an. "Ich habe eine Lösung gefunden, von mir geht keine Gefahr mehr aus", sagte er vor Gericht. Die Behandlung, seinen eingeschränkten freien Willen und das Geständnis wertete das Schöffengericht zu Gunsten des Angeklagten.

Die Bewährungszeit wird auf fünf Jahre festgesetzt, in denen der 58-Jährige die medikamentöse Behandlung und die Sexualtherapie fortsetzen muss. Er wird einem Bewährungshelfer unterstellt, zudem muss er 3000 Euro an den Sozialverein Brücke Dachau zahlen. Während die Staatsanwältin eineinhalb Jahre Haft forderte, plädierte sein Verteidiger auf eine Bewährungsstrafe. "Es ist eine Krankheit, die ihn zu den Taten gebracht hat." Und: "Haft macht keinen gesund."

© SZ vom 12.04.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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