Altomünster:Lokal und weltweit

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Für eine regionale Geschichtsforschung

Von Dorothea Friedrich, Altomünster

Die einen sehen es als Orchideenfach, die anderen als gefühlsbeladene Heimatkunde, wenn sich Wissenschaftler professionell mit der Geschichte ihrer Region auseinandersetzen. Dass sich Mikro- und Makrogeschichtsforschung bedingen, hat Alois Schmid, Mitglied der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, eindrucksvoll bei der Überreichung der Festschrift "Grenzüberschreitungen zwischen Altbayern und Schwaben - Geschichte, Politik und Kunst zu beiden Seiten des Lechs" an den Herausgeber der Zeitschrift Amperland, Wilhelm Liebhart, aufgezeigt.

Die Festschrift kann man als gelungenes Beispiel hierfür sehen. In den 27 Beiträgen werden weltgeschichtlich nicht wirklich bedeutsame Themen abgehandelt. Mikrogeschichte eben. Aber sie waren und sind vielleicht für die Region, für den (Volks-)glauben, für das Heimatgefühl - auch von Neubürgern - jenseits aller Klischees von enormer Bedeutung. Einige Beispiele: Walter Pötzl beschäftigt sich mit der Verehrung des heiligen Alto im Mittelalter. Das ist gewissermaßen Pflichtlektüre für Altomünsterer, wo Liebhart "residiert", wie Mitherausgeber Markus Würmseher bei der Überreichung sagte. Josef Hopfenzitz erklärt, warum der heilige Leonhard als bayerischer oder auch schwäbischer "Hergott" verehrt wurde. Josef Mancal setzt sich philosophisch mit Grenzen auseinander und nimmt als Beispiel Johann Georg Leopold Mozart. Der Vater von Wolfgang Amadeus war nicht nur Grenzgänger zwischen seiner Geburtsstadt Augsburg und Salzburg, sondern auch zwischen den Kulturen. Paul Hoser spürt der Geschichte der NSDAP in Bayerisch-Schwaben nach. Christoph Lang beschäftigt sich mit der Zeit nach der Befreiung und nutzt eine Zeitung der US-Army als lokalgeschichtliche Quelle.

Christine Zerbe zeigt am Leben des Astronomen Johannes Bayer in einer Zeit des Umbruchs den Kampf der Wissenschaft um Anerkennung. Kopernikus, Kepler und Galileo brachten das tradierte Weltbild gehörig durcheinander, überschritten bekanntlich die von der Kirche gezogenen Grenzen. Einige Aufsätze beschäftigen sich zudem mit den tatsächlichen oder nur im Denken und Sprechen vorhandenen Grenzziehungen zwischen Bayern und Schwaben.

Aus der Reihe fällt das letzte Kapitel. Die Birgittenordensfrau Apollonia Buchinger aus Altomünster widmet "Bruder Wilhelm" einen Beitrag über das achte Buch der Offenbarungen der heiligen Birgitta, das "Buch des himmlischen Kaisers an die Könige".

Grenzüberschreitungen zwischen Altbayern und Schwaben. Herausgegeben von Markus Würmseher und René Brugger. 512 Seiten. Verlag Schnell & Steiner. ISBN 3795431182 49,95 Euro

© SZ vom 29.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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