Contra Bürgerhaushalt:Erhebliche Bedenken

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Antrags-Wust, Verwaltungsmonster, Berufsbürger: Die Argumente dagegen

Auf den ersten Blick erscheint die Idee des Bürgerhaushalts charmant: Die Bezirksausschüsse bekommen einen zusätzlichen Etat - und die Leute in ihrem Viertel dürfen Vorschläge machen, wofür das Geld ausgegeben wird. Einen Brunnen im Park um die Ecke? Könnt ihr haben, so der Ansatz. Bevor sich die Stadtviertelgremien damit befassen, müssen erst möglichst viele Nachbarn die Idee gut finden und das auf einer Online-Plattform dokumentieren. Die Verwaltung prüft, dann hebt oder senkt die Politik den Daumen. Doch in den Gremien folgt dem ersten Entzücken über das Konzept nun Ernüchterung. Fast alle haben über die Einführung des Bürgerhaushalts abgestimmt, die meisten mit einem: Ja, aber...

Argumentiert wird etwa am Beispiel des Brunnens. Die Investition für eine schmucke Fontäne ließe sich locker stemmen. Aber wer kommt für Unterhalt und Pflege auf? Das fragte sich etwa das Gremium in der Maxvorstadt. Würde dies das BA-Budget dauerhaft belasten, schmölze die Zahl der Projekte wohl zusammen. Die Maxvorstädter wollen ausgeschlossen haben, dass mit dem Stadtviertel-Etat etwas finanziert wird, das bisher aus dem Topf städtischer Referate bedient wird - im Falle des Brunnens ist dies das Baureferat.

Erhebliche Bedenken haben einige Stadtviertel-Vertreter, ob die Verwaltung der Geschäftsstellen den Wust an Prüfungs-Anträgen überhaupt stemmen kann; die müssten mit etlichen Sparten in- und außerhalb des Rathauses abgestimmt werden. Schon jetzt hätten die Mitarbeiter mit politischen Anträgen und Bürger-Eingaben mehr als genug zu tun. Unter anderem in Laim hält man deshalb das vom Stadtkämmerer angesetzte Bürgerhaushalt-Budget von zwei Euro pro Einwohner für unzureichend. "Da wären die Verwaltungskosten unter Umständen doppelt so hoch", so der Tenor. Zehn Euro pro Einwohner fordern die Bogenhauser. Andernfalls stehe der Verwaltungsaufwand in keinem angemessenen Verhältnis. In Schwabing-Freimann haben sie bereits ein Etikett gefunden: "Verwaltungsmonster". Auch die Arbeitsbelastung für die ehrenamtlich besetzten Gremien wird mit der neuen Etat-Hoheit steigen. Manche glauben, dass sich das Stadtviertel-Mandat dann zum Fulltime-Job auswachsen könnte. "Ich sehe mich schon in der Festanstellung als BA-Vorsitzender", sagte der Vorsitzende in Aubing-Lochhausen-Langwied, Sebastian Kriesel (CSU).

Bleiben noch die Vorbehalte vor womöglich hyperaktiven Bevölkerungsteilen. Die SPD in Schwabing-Freimann warnte vor "Berufsbürgern", die genau wüssten, wie man Fördergelder abgreife. Ähnliche Aussagen hört man auch aus der Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt. Die Truderinger regten an, technisch sicherzustellen, dass auf die Abstimmungsplattform im Internet nur Stadtviertel-Bewohner Zugriff haben.

Komplett abgelehnt haben sie den Bürgerhaushalt in Feldmoching-Hasenbergl. Damit entstünde ein "Parallel-Budget", das nichts mit den echten Anliegen im Viertel zu tun habe. "Einfach ausprobieren", rufen indes in einer gemeinsamen Erklärung die fünf grünen Bezirksausschuss-Vorsitzenden ihren Kollegen in der Stadt zu. Lebendige Demokratie koste nun mal Zeit und Geld, lautet der Appell.

© SZ vom 12.12.2015 / ands, eda, smüh, ssr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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