Campus-Areal in Freimann:Cluster auf Schotter

Lesezeit: 3 min

Die Pläne für das Campus-Areal in Freimann neben der Zenith-Halle nehmen Gestalt an. Firmen und Labore aus der Autobranche sollen in fünf Gebäuden "technik- und mobilitätsaffine" Akzente setzen

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Mitten im Stadtraum des Münchner Nordens gibt es ein ödes Niemandsland. Auf fast vier Hektar zwischen der Maria-Probst-Straße und dem Messecenter MOC sowie der Zenith-Halle an der Lilienthalallee fegt der Wind über eine von Pfützen durchlöcherte Schotterfläche. Am Nordrand erhebt sich eine riesige, von Unkraut umwucherte Industriehalle, durch deren zerborstene Fenster jede Menge Schutthaufen zu sehen sind. Eine trostlose Industriebrache dümpelt hier seit Jahren vor sich hin - doch ein Ende der Tristesse ist absehbar. "Dieses weitgehend unbekannte Gebiet wird zu einem lebendigen Ort in Freimann werden", zeigt sich Ralf Schneider überzeugt, Leiter der Projektentwicklung der CA Immo Deutschland GmbH, der Eigentümerin des Areals.

Er sagt diesen Satz bei einer Pressekonferenz im "Spiegelsalon", einem Veranstaltungszelt, umringt von vielen Pfützen auf der Schotterfläche. Neben ihm sitzen Vertreter von Investoren, welche schon bald die Schutthaufen in der großen Lokhalle - dem ehemaligen Bundesbahn-Ausbesserungswerk, das jetzt ihnen gehört - wegräumen wollen: die Bauhaus GmbH & Co. KG und die Freimann Besitz GmbH & Co. KG teilen sich die Wiederbelebung der Halle: Nach der Sanierung wird im Norden ein Baumarkt, im Süden ein glitzerbuntes "Mobilitätszentrum" namens "Motorworld" einziehen.

So hoch werden die Gebäude auf dem Campus, ihre Gestalt wird sich noch ändern. (Foto: Visualisierung: CA Immo)

Es ist der Auftakt zu einem grundlegenden Wandel dieses Standorts. Denn CA Immo will nun auch die Pläne für den "Campus für Innovation und Forschung" vorantreiben, der im Umfeld der Halle auf 36 600 Quadratmetern entstehen soll: ein Gewerberaum für die Autobranche. Entwürfe dafür wurden in den vergangenen Jahren immer wieder präsentiert. Ob es etwas wird, blieb unklar. Nun, durch den Deal mit Bauhaus und Motorworld, sieht CA Immo das ambitionierte Konzept auf gutem Weg. "Gut Ding will Weile haben. Nun liegt das gute Ding endlich vor uns", sagt Immo-Projektentwickler Schneider.

Der Bebauungsplan für das gute Ding wird derzeit im Planungsreferat vorbereitet. Die CA Immo geht davon aus, dass das Verfahren bis Ende 2016 abgeschlossen sein wird. "Wenn alles gut läuft, könnte das Campus-Areal 2019 fertig sein."

Das Gelände gehörte bis 1995 der Bundesbahn, in der großen Halle wurden die Züge repariert. Aus der Verwertungsgesellschaft für die Flächen ging die CA Immo hervor. Es gab viele Konzepte für das Areal, alle verschwanden in der Versenkung. Nun wächst sich die Mobilitäts-Cluster-Idee zur Projektreife aus, und zwar auf der Grundlage des Siegerentwurfs des Büros Lauber + Zottmann Architekten (München) mit Valentien + Valentien Landschaftsarchitekten (Weßling).

Pläne für das Campus-Areal in Freimann. SZ-Grafik (Foto: N/A)

Demnach sollen drei Baukörper mit je 13 000 und eines mit rund 10 000 Quadratmetern Bruttogrundfläche entstehen. Die Planer peilen insgesamt eine Geschossfläche von 50 000 Quadratmetern an. Das fünfte Gebäude wird ein Parkhaus, in das auch eine Veranstaltungsfläche - Arbeitstitel: "Zenith 2" - mit 2000 Quadratmetern Fläche integriert werden soll. Alle Gebäude sollen nicht höher als 24 Meter werden.

In die Komplexe sollen nach der Vorstellung von CA Immo Unternehmen einziehen, die "technik- und mobilitätsaffin" sind, wie Firmensprecher Markus Diekow sagt, etwa Autozulieferbetriebe, Ingenieursgesellschaften, Labore. Wegen der Nähe zu MOC und Zenith-Halle sei auch die Ansiedlung von Event-Veranstaltern denkbar. Mit dem Subzentrum des Autoriesen BMW gibt es an dem Standort bereits einen Nukleus der Branche. Und mit der "Motorworld" entsteht in der denkmalgeschützten Riesen-Halle ein Tummelplatz für Auto-Liebhaber mit Oldtimergaragen, Sportwagenausstellung, Zubehörshops.

Das Kalkül: Der Autoriese und das schillernde Flitzer-Paradies wirken als Magnet für den neuen Mobilitätscluster. "Wir sind überzeugt davon, dass sich Firmen ansiedeln werden", sagt Diekow. Er betont zudem: "Es wird kein geschlossenes Gewerbegebiet, sondern mit seiner offenen Struktur ein Teil von Freimann."

Tatsächlich verspricht ein Beschlusstext des Planungsreferats: "Das bislang umzäunte Werksgelände wird künftig für die Öffentlichkeit zugänglich sein." Es ist die Rede von einem "funktionalen Zusammenhang" mit dem Grünzug an der Maria-Probst-Straße; westlich der großen Halle soll eine "durchgängige Biotopstruktur" entstehen, dazu ein "flexibles, netzartiges System von Fuß- und Radwegen". Letztere sollen zudem eine Ost-West-Wegebeziehung vom U-Bahnhof Freimann zur Maria-Probst-Straße und langfristig auch zum Neubaugebiet Bayernkaserne schaffen.

Apropos Verkehr: Offen ist derzeit noch, welche Eingriffe nötig sind, damit es bei aller Mobilitäts-Innovation nicht zum Stillstand auf den Zufahrtstraßen kommt. Mit Baumarkt und "Motorworld" sei der Verkehr im Umfeld noch ohne Operationen an den Knotenpunkten Heidemannstraße und Lilienthalallee abwickelbar, bestätigt das Planungsreferat. Doch auch CA-Immo-Chefplaner Schneider ist klar: "Mit dem Campus wird das nicht mehr der Fall sein", wie er im "Spiegelsalon" einräumt. Die Stadt will dazu noch keine Angaben machen. "Wir müssen dazu erst ein neues Verkehrsgutachten abwarten", sagt ein Behördensprecher.

© SZ vom 26.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: