Busfahrer fälscht MVV-Fahrkarten:Ticket in den Knast

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Sie dealten auf Münchens Straßen - jedoch nicht mit Drogen, sondern mit MVV-Fahrkarten. Ein Busfahrer hat die Fälschung von Hunderten Tickets gestanden und muss dreieinhalb Jahre in Haft. Ebenfalls aufgeflogen sind seine vier Komplizen.

Christian Rost

Einer stellt die Ware her, verkauft sie en gros an einen Abnehmer - und der bedient wiederum seine Dealer auf der Straße. Ein am Montag am Landgericht München I verhandelter Fall erinnert verblüffend an Drogengeschäfte. Sebastiano F. und seine vier Komplizen bedienten sich tatsächlich ähnlicher Methoden und Strukturen wie Rauschgifthändler, um ihre heiße Ware abzusetzen. Dabei handelte es sich allerdings nicht um Heroin oder andere Suchtstoffe, sondern um falsche Monatsmarken für den öffentlichen Nahverkehr in München.

An solchen Automaten gibt es die echten Isarcards. (Foto: Catherina Hess)

Vier Männer und eine Frau im Alter von 23 bis 46 Jahren gehörten dem Ring an, der über Monate hinweg zumindest Hunderte falsche Isarcards weit unter dem üblichen MVV-Verkaufspreis in München in Umlauf brachte. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Quintett sogar den Handel mit fast 2000 Fahrkarten und einem Schaden von mehr als 100.000 Euro vorgeworfen, 680 Fälschungen konnten dem Haupttäter Sebastiano F. letztlich nachgewiesen werden.

Der Italiener war als Fahrer bei einem Omnibusbetrieb beschäftigt, der im Auftrag der Münchner Verkehrsgesellschaft verschiedene Linien in der Stadt bediente. Bei seinem Arbeitgeber hatte F. Zugriff auf Blankofahrkarten, von denen er gleich ganze Rollen stahl. In Heimarbeit mit PC und Drucker, so gestand der 46-Jährige, brachte er dann unterschiedliche Tarife mit bis zu 16 Zonenringen auf den Isarcards auf. Die Kunden konnten bei F. ihren gewünschten Tarif bestellen, dafür gab es eigene Listen, die die Bundespolizei bei einer Razzia gegen die Bande im Juni 2011 sicherstellte. Die Fälschungen waren so gut gemacht, dass sie von Laien für echt gehalten wurden. Stutzig hätte die Abnehmer jedoch der Kaufpreis machen müssen, so gab es bei der Bande zum Beispiel für 35 Euro eine Isarcard, die regulär 54 Euro gekostet hätte.

Anfang vergangenen Jahres hatte ein V-Mann einem Kripobeamten der Bundespolizei einen Tipp gegeben: Ein 23-Jähriger verkaufe abwechselnd am Hauptbahnhof und am Ostbahnhof falsche Isarcards. Die Polizei ließ den Verdächtigen, einen italienischen Koch, abhören. Und die Telefonate des Mannes brachten die Ermittler nach und nach auf die anderen beiden Kleinhändler Daniel T. und Carmen M., den Hauptlieferanten Antonio V. und schließlich auch auf den Fahrkarten-Fälscher Sebastiano F. Die bei der Razzia sichergestellten Beweise - ganze Fahrkartenrollen und Listen mit den Telefonnummern der Endabnehmer - ließen den Angeklagten keine Wahl. Auf Anraten ihrer Verteidiger legten sie am Montag alle Geständnisse ab. Das Motiv: Sie wollten schnell Geld machen. Das Gericht unter dem Vorsitz von Norbert Riedmann hatte ihnen zuvor für ein kooperatives Verhalten moderate Strafen zugesichert.

Kartenfälscher F. und Hauptlieferant V. allerdings kamen um Haftstrafen nicht herum. Der Omnibusfahrer muss wegen gewerbsmäßiger Urkundenfälschung dreieinhalb Jahre absitzen, der Pizzabäcker V. wegen gewerbsmäßiger Geldwäsche drei Jahre. Die anderen Angeklagten kamen mit Bewährungsstrafen davon. Teil des Deals mit dem Gericht war auch die Zusage der Angeklagten, den Schaden wieder gutzumachen. So wurden 32.000 Euro in bar, die bei F. gefunden worden waren, vom Gericht für diesen Zweck eingezogen.

© SZ vom 27.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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