Black Sabbath in München:Da schlägt es 13

Konzert 'Ozzy Osbourne and Friends'

Ozzy Osbourne mit Black Sabbath (Archiv): Mitreißendes Konzert unter freiem Himmel auf dem Münchner Königsplatz

(Foto: dapd)

Satanismus, Fledermäusen die Köpfe abbeißen und so was? Black Sabbath, fast in der Originalbesetzung von 1970, spielen an einem symbolisch aufgeheizten Freitag, den 13. auf dem Münchner Königsplatz. Ozzy Osbourne & Co. servieren ihren Jüngern einen Glückstag.

Von Jürgen Moises

Es ist Freitag der Dreizehnte und irgendwann steht auch noch der Vollmond am Himmel. Einen besseren Tag kann man sich fast nicht wünschen für das vielleicht letzte Black-Sabbath-Konzert in München. Nicht nur, weil der vermeintliche Unglückstag gut zu einer Band passt, die sich eher den dunkleren Seiten des Lebens verschrieben und nach einem Horrorfilm mit Boris Karloff benannt hat. Sondern auch, weil ihr aktuelles Album "13" heißt und zudem auch noch ihr Debütalbum "Black Sabbath" 1970 an einem Freitag den Dreizehnten erschienen ist.

Zufall? Bestimmt, außer man glaubt tatsächlich an die übernatürlichen Kräfte, die Black Sabbath vor allem in ihren frühen Songs so gerne beschwören. Etwa im Lied "N.I.B." vom besagten Debütalbum, das die Band als einen von vielen Höhepunkten ihres mitreißenden Konzerts unter freiem Himmel auf dem Münchner Königsplatz vor Tausenden von Fans spielt.

Laut Bassist Geezer Butler handelt "N.I.B" vom Teufel, der sich verliebt und dadurch zu einer völlig anderen, guten Person wird. Zumindest hat er das einmal erzählt.

Der Teufel, der zum guten Mann geworden ist?

Ein bisschen bekommt man diesen Eindruck auch bei Sänger Ozzy Osbourne, der permanent zwischen den Songs den jubelnden Zuhörern Gottes Segen wünscht und sich geradezu rührend nach deren Wohlbefinden erkundigt.

Leute erschrecken

War da nicht mal was mit Satanismus, mit Köpfen von Fledermäusen abbeißen und so weiter?

Doch, ja, beim dritten Song "Under The Sun" sieht man auf der großen Leinwand hinter den Musikern historische Filmbilder von Menschen, die irgendwann in den 1970ern mit Schildern erfolglos gegen die "satanische Musik" von Black Sabbath protestiert haben. Die nahmen das, was sich Ozzy Osbourne, Tony Iommi, Geezer Butler und Bill Ward als junge Herumtreiber in der damals tatsächlich etwas gottverlassenen Arbeiterstadt Birmingham aus Horrorfilmen zusammendestilliert hatten, um die Leute zu erschrecken, ein klein bisschen zu ernst.

Warum Black Sabbath heute nicht nur als Vorläufer des Black Metal, sondern auch des Doom-Metal und des Stoner-Rock gelten, das kann man bei einem Song wie "N.I.B." mit seinem schleppenden Einstiegsriff aber dennoch lernen. Oder auch bei "Black Sabbath", wenn erst künstlicher Regen fällt, danach das metallische Glockenläuten einsetzt und gleich darauf wie ein finsteres Donnergrollen die Gitarre von Tony Iommi.

Und wenn Ozzy Osbourne dann mit hoher Stimme die berühmten Sätze singt: "What is this, that stands before me? Figure in black that points at me." Dass das so manchem, der das 1970 zum allerersten Mal gehört hat, durch Mark und Bein ging, kann man sich durchaus vorstellen. Aus diesen Anfangsjahren gibt es an diesem Abend viel zu hören. Abgesehen von vier aktuellen Stücken stammen nämlich alle Songs aus den 1970er Jahren, schwerpunktmäßig von den ersten beiden Alben "Black Sabbath" und "Paranoid". Dass die Band ursprünglich stark von Bluesrockern wie Cream beeinflusst war, hört man Liedern wie "Fairies Wear Boots" dabei heute noch an.

"Ansonsten sind die dunklen Riffs von Gitarrist Tony Iommi plus die finsteren Texte von Bassist Geezer Butler plus die helle Stimme von Ozzy Osbourne bis heute das Erfolgsrezept von Black Sabbath. Oder genauer: sie sind es wieder. Denn auch das macht diesen Freitag, den Dreizehnten, zu einem Glückstag. Haben sich die alten Herren doch für ihr aktuelles, von Rick Rubin produziertes Album "13" doch zum ersten Mal wieder seit 35 Jahren wieder im Studio zusammengerauft und damit sowohl Fans als auch Kritiker begeistert - und in England, Deutschland und Amerika die Charts gestürmt. Lediglich Original-Schlagzeuger Bill Ward fehlte da noch zum vollkommenen Glück. Der wurde auf dem Album durch Rage-Against-The-Machine-Schlagzeuger Brad Wilk ersetzt.

"Hi, mein Name ist John und ich bin Alkoholiker"

Auch auf der aktuellen Tour ist Bill Ward leider nicht dabei. Er war zwar im Gespräch, aber offenbar konnte man sich über die genauen Tourbedingungen nicht einigen. Was aber insofern zu verschmerzen ist, als die Band in dem Fall mit dem 34-jährigen Tommy Clufetos einen wahren Berserker als Ersatzmann gefunden hat, der mit seinem ungeheuer kraftvollen Spiel die Songs nach vorne treibt. Bei einem Schlagzeug-Solo, das Clufetos als eine Art verlängerte Einleitung zu "Iron Man" spielt, bekommt man sogar kurz Angst, dass er mit seinem Bass-Drum-Gewitter die Säulen der angrenzenden Glyptothek zum Einsturz bringt.

Wem man die geradezu legendären, früheren Alkohol- und Drogenprobleme nicht anmerkt, das ist Ozzy Osbourne. Der springt quietschfidel über die Bühne und kokettiert am Anfang sogar mit seiner Drogensucht, indem er sich mit "Hi, mein Name ist John und ich bin Alkoholiker" vorstellt. Um wen man sich dagegen tatsächlich aber etwas Sorgen macht, ist Tony Iommi.

Dessen bei den Album-Aufnahmen diagnostizierte Krebserkrankung ist auch der Grund, warum die aktuelle Black-Sabbath-Tour wohl die letzte sein wird. Zumindest geht das Gerücht. Auf der Bühne ist ihm davon überhaupt nichts anzumerken. Stilvoll in Schwarz und völlig in sich ruhend stehen er und Geezer Butler wie Elder Statesman des Rock'n'Roll auf der Bühne, während ihre Finger waghalsigste Fingerakrobatik-Nummern vollführen und mit einem Mörderriff nach dem anderen das Publikum zu Begeisterungstürmen hinreißen.

Ähnliches hatte man sich eigentlich auch bei den Grungerockern von Soundgarden im Vorprogramm erwartet. Die sind aktuell gewissermaßen ebenfalls wieder in Originalbesetzung unterwegs, das heißt in der Besetzung, mit der sie in den 1990ern ihre größten Erfolge hatten. Mit Songs wie "Jesus Christ Pose" oder "Black Hole Sun", die sie auf dem Königsplatz auch pflichtgemäß spielen. Eigentlich ein tadelloser Auftritt, der im Publikum dennoch kaum mehr als Schulterzucken auslöst.

Aber dieser Freitag, der 13. Juni ist nun mal der Tag von Black Sabbath. Die spielen von "War Pigs" über "Snow Blind", "Black Sabbath", "N.I.B." und "End Of The Beginning" bis hin zu "Iron Man", fast alles, was das Black-Sabbath-Fan-Herz begehrt. Als sie sich nach genau zwei Stunden dann auch noch mit "Children Of The Grave" und der Zugabe "Paranoid" furios verabschieden, bleibt einem als Sabbath-Jünger wohl nur ein Resümee: Einen besseren Tag wie diesen kann man sich eigentlich nicht wünschen.

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