Bildung:Ach ja, und irgendwann halt auch eine Schule

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Schlechte Grundschulkenntnisse, zu wenig Lehrer, überfüllte Klassen - und welche Verantwortung die Politik daran trägt

SZ-Zeichnung: Dieter Hanitzsch (Foto: N/A)

"Gerade eröffnet, schon überfüllt" und "Kurzfristige Lösung" vom 13. Oktober (über eine Eliteschule des Sports in München-Nord), sowie "Viertklässler lassen nach" vom 14. Oktober und weitere Berichte zu den schwachen Leistungen von Grundschülern:

Die aktuellen Zeitungsberichte über schlechte Grundschulkenntnisse, zu wenige Lehrer und zu wenige und überfüllte Schulhäuser hängen natürlich ursächlich zusammen. Wenn man die Ausgaben für jeden Schüler in Prozent des Bruttosozialprodukts pro Einwohner eines Landes vergleicht, liegt Deutschland an 23. Stelle im europäischen Vergleich, hinter Tschechien und Polen und deutlich hinter Österreich (Platz 11). Deshalb lohnt sich ein kurzer Blick auf die seit Jahren bekannte Entscheidungsreihenfolge zu Bildungseinrichtungen gerade auch in Bayern:

Zuerst weisen Städte und Gemeinden neue Gewerbegebiete aus, um mehr Gewerbesteuer einzunehmen und auch Arbeitsplätze zu schaffen.

Überraschung 1: Es fehlen plötzlich ganz viele Wohnungen, weil die Menschen, die dort arbeiten, möglichst in die Nähe ihres Arbeitsplatzes ziehen wollen.

Überraschung 2: Diese Leute sind unerwarteter Weise nicht unfruchtbar oder sterilisiert, nein, die haben auch noch Kinder.

Überraschung 3: In der Landesverfassung Bayern gibt es laut Artikel 121 die Schulpflicht für alle Kinder. Also macht man sich zähneknirschend daran, vielleicht doch noch ein paar Pavillons oder sogar ein neues Schulgebäude zu planen, und hechelt wiederum weitere Jahre hinterher.

Überraschung 4: Schulhäuser alleine reichen nicht; dazu braucht man noch echte und nicht bloß virtuelle Lehrerinnen und Lehrer. Überraschung 5: Von den insgesamt viel zu wenigen, die jetzt noch unterrichten, wollen welche tatsächlich mit über 60 irgendwann in den verdienten Ruhestand gehen. Die müssen also zusätzlich ersetzt werden. Überraschung 6: Das endlich neu gebaute Schulhaus ist bereits bei seiner Einweihung deutlich zu klein.

Beispiele für diese sechsfache Überraschungskette lassen sich mühelos finden. Hier fehlt offensichtlich seit Jahr(zehnt)en die langfristige Planung mit Blick auf das Geburtenregister und auch auf das Rentenalter. Deshalb mein dringender Appell an die verantwortlichen Politiker, insbesondere an alle Finanzminister: Gebt mehr Geld für die Bildung pro Schüler aus. Sorgt endlich dafür, dass wirklich alle unsere Kinder in rechtzeitig gebauten Klassenzimmern in attraktiven Schulgebäuden unterrichtet werden, und zwar in kleinen Klassen von genügend (weil rechtzeitig angeworbenen) hochqualifizierten und bestens ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrern.

Hier geht es um die Zukunft von uns allen. Das kann doch wirklich nicht zu viel verlangt sein in einem so wohlhabenden Land.

Dr. Rainer Pippig, Neuried

© SZ vom 07.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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