Berufsverkehr:Autofahrer stehen in München pro Jahr fast 15 Arbeitstage im Stau

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SZ-Grafik (Foto: z)
  • München liegt deutschlandweit auf Platz vier in der Staustatistik des Navi-Herstellers Tomtom.
  • Münchens Autofahrer müssen pro Tag 29 Prozent Fahrtzeit aufschlagen.
  • Die Daten zeichnen ein typisches Bild von einer wirtschaftlich erfolgreichen Metropole.

Von Dominik Hutter, München

Wohl dem, der flexible Arbeitszeiten oder eine MVV-Fahrkarte hat. Denn der morgendliche Berufsverkehr auf Münchner Straßen, das belegen Zahlen des Navi-Herstellers Tomtom, hält beim Stau einen traurigen Negativrekord.

Um bis zu 57 Prozent verlängert sich die durchschnittliche Fahrtzeit der Autofahrer - für eine Strecke von normalerweise einer Stunde muss man also gut 30 Minuten zusätzlich einplanen. Das ist, zumindest am Vormittag, mehr als in jeder anderen deutschen Stadt.

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Über die ganze Woche gerechnet, müssen Münchens Autofahrer pro Tag 29 Prozent Fahrtzeit aufschlagen (17 Minuten je Stunde). Deutschlandweit reicht das für Platz vier in der Staustatistik - hinter Stuttgart, Hamburg und Köln. Dort ist vor allem abends noch mehr los.

Bewohner des Umlands lassen Staulängen wachsen

Um die Fahrtzeiten zu ermitteln, wertet Tomtom die automatisch gesendeten Daten seiner Navigationsgeräte aus und vergleicht sie mit der Zeit, die für dieselbe Strecke ganz ohne Stau benötigt würde.

Etwa fünf bis sechs Prozent aller Fahrzeuge werden so erfasst, berichtet Tomtom-Experte Thomas Hüffer. Für eine seriöse Beurteilung der Verkehrslage sei das mehr als ausreichend. Fachkreise sehen zwei bis drei Prozent als Minimum. Für die aktuelle Statistik wurden 97 Millionen gefahrene Kilometer ausgewertet.

Die Daten zeichnen ein typisches Bild von einer wirtschaftlich erfolgreichen Metropole mit hohen Mietpreisen und daraus resultierendem starken Pendelverkehr. Denn es sind die Bewohner des Umlands, die die Staulängen immer weiter wachsen lassen - innerhalb der Stadt hat sich die Situation eigentlich leicht entspannt.

Dass der "Stau-Level" trotzdem seit 2014 von 27 auf 29 Prozent gestiegen ist, liegt an dem immer dichteren Geschehen auf den Autobahnen in und um München. Und natürlich auf dem Mittleren Ring, der die Pendler über die Stadt verteilt.

7. Oktober war staureichster Tag

Nach den Blechlawinen kann man fast die Uhr stellen: Im morgendlichen Berufsverkehr ist der Montag am nervigsten, speziell zwischen acht und neun Uhr. Die verkehrsreichste Stunde der gesamten Woche ist der Donnerstagabend zwischen 17 und 18 Uhr. Vergleichsweise friedlich geht es freitags zu. Tomtom fasst das unter dem Satz zusammen: "Vier Tage Büro, ein Tag Home-Office". Am Freitag fahren morgens weniger Leute ins Büro, der ebenfalls schwächer ausgeprägte Nachmittags-"Peak" beginnt bereits um 16 Uhr.

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Die nervigsten Staustellen im innerstädtischen Straßennetz liegen überwiegend an den aus dem Verkehrsfunk bekannten Ring- und Einfallstraßen. Die Garmischer und Heckenstallerstraße sind vermutlich zum letzten Mal darunter, die Daten wurden im gesamten Jahr 2015 und damit teilweise vor der Eröffnung des Tunnels gemessen. Weitere Schwerpunkte sind die berüchtigte Einmündung der Ifflandstraße in den Isarring, der Bereich rund um den Effnerplatz sowie der Innsbrucker Ring auf Höhe Salzburger Autobahn und Leuchtenbergunterführung.

Dazu kommen die Fürstenrieder Straße an den Aus- und Einfahrten der Lindauer Autobahn, die Kreuzung Landsberger/Trappentreustraße, der Lenbachplatz und die Grünwalder/Candidstraße. Der staureichste Tag des Jahres 2015 war der 7. Oktober. Damals fielen bis zu 28 Millimeter Starkregen - und die Stammstrecke der S-Bahn war gesperrt.

München auf der Weltrangliste des Staus auf Platz 56

Aufs Jahr gerechnet, verbringen die Münchner Pendler nach den Tomtom-Zahlen 14 Arbeitstage und sieben Stunden zusätzlich im Auto (Berechnungsgrundlage: eine Stunde Fahrtzeit pro Tag im Berufsverkehr). Was immer noch angenehmer ist als die Situation in der deutschen Stau-Hauptstadt Stuttgart: Dort sind es noch einmal fast zwei Arbeitstage mehr.

Im internationalen Vergleich ist die Situation in den deutschen Metropolen komfortabel. In den ebenfalls von Tomtom errechneten Top Ten Europas ist keine einzige deutsche Stadt vertreten. Das größte Mitleid verdienen demnach die Moskauer, in deren Stadt ein "Stau-Level" von durchschnittlich 44 Prozent herrscht (abends im Berufsverkehr sogar 91 Prozent).

Es folgen Bukarest, St. Petersburg, Warschau, Rom und London. Global betrachtet geht es nirgendwo so stressig zu wie in Mexiko-Stadt: Der allgemeine Stau-Level liegt dort bei 59 Prozent (morgens im Berufsverkehr 97 Prozent). Den zweifelhaften Platz zwei belegt Bangkok, danach kommen Istanbul (das Tomtom offenbar nicht zu Europa zählt) und Rio de Janeiro. München erreicht auf der Weltrangliste des Staus nur Platz 56.

Der Verkehrsdatenanbieter Inrix hat erst vor einer Woche eine ähnliche Statistik veröffentlicht. Nach dessen Zahlen liegt München im deutschen Vergleich ebenfalls auf Rang vier - allerdings hinter Stuttgart, Köln und Karlsruhe.

© SZ vom 22.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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