Bauprojekt:Endlich zu Hause

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Nach Jahrzehnten politischen Tauziehens und der Unterbringung im Interimsquartier kann die Kindertagesstätte an der Laimer Hogenbergstraße ihren leuchtend gelben Neubau voll beziehen

Von Andrea Schlaier, Laim

"Darf ich?" Immer wieder in den vergangenen Wochen hat ein Nachbar den Kopf ins nigelnagelneue Haus an der Hogenbergstraße gesteckt. Jutta Lampe lacht: "Einige von ihnen waren schon als Kinder bei uns oder sind Ex-Eltern von Ex-Kindern." Schließlich gebe es den Kindergarten an der Hogenberg-/Ecke Kirchmairstraße "bestimmt schon seit 20 Jahren". Und die Ehemaligen, die nach wie vor ums Eck wohnen, interessieren sich halt für die beachtliche Häutung "ihrer" Einrichtung. Nachdem Buben und Mädchen hier eine Generation lang in einem hellen Pavillon betreut worden sind, ist der nun einem gelb leuchtenden großen Neubau gewichen. Anfang Juni sind 75 Kindergartenkinder hier wieder eingezogen, die vorübergehend in Containern an der Camerloherstraße ausquartiert waren. Sukzessive werden nun auch die Krippenplätze belegt. Wenn man so will, ist damit endgültig die Bestimmung des Grundstücks besiegelt, das über Jahrzehnte Schauplatz eines politischen Tauziehens war.

Ursprünglich war das Areal vor 30 Jahren als zweiter Bauabschnitt der Stadtteilbibliothek, in dessen Rücken es liegt, für ein Kultur-und Bürgerzentrum vorgesehen gewesen. Als die Stadt dann vor einigen Jahren die von der Laimer Politik unermüdlich geforderte, konkrete Planung auf den Tisch legte, die an der Adresse eine Kombination aus Bürger- und Kinderhaus vorsah, hatte diese nicht lange Bestand. Eine erfolgreiche Nachbarschaftsklage, die die unzulässig laute Tiefgaragenausfahrt des Komplexes ins Visier genommen hatte, läutete ein Umdenken bei den städtischen Referaten ein. Das Domizil für Bürger-Kultur wird nun ganz an die Ludwigshafener Straße und damit auf das Gebiet von Sendling-Westpark gestellt. Die Fläche an der Hogenbergstraße geht exklusiv an die Kita.

"Es ist toll geworden, so freundlich und hell", schwärmt Kita- Leiterin Jutta Lampe über den Neubau mit seinem sanft modellierten Garten vor den großen Fenstern. (Foto: Florian Peljak)

"Wir haben das ganze Hin und Her eigentlich nur von Nachbarn und aus der Zeitung erfahren", erzählt Jutta Lampe in ihrem erst spärlich eingerichteten neuen Büro, wo etliche Bilder noch auf dem Boden stehen. "Letztlich haben wir es entspannt gesehen, weil wir eh keinen Einfluss haben." Auch als sie im August 2015 mit den damals 50 Kindergartenkindern gen Grundschulgelände Camerloherstraße für die Dauer der Bauzeit umgesiedelt seien. Erst habe es für viele Mütter und Väter merkwürdig geklungen, die eigenen Kinder "in den Container" zu bringen. "Doch wir haben uns gut aufgehoben gefühlt, und wenn die Erwachsenen eine gute Einstellung haben, ist es auch für die Kinder kein Problem", sagt Lampe.

Mit eineinhalb Jahren hat die Bauzeit fürs neue Heim drei Monate länger gedauert als veranschlagt, rechnet Ulrich Lobinger, Sprecher des Referates für Bildung und Sport (RBS), vor. "Das lag hauptsächlich daran, dass von einer Firma falsches Fassadenmaterial geliefert und angebracht wurde. Dies musste ausgetauscht und neu bestellt werden." Währenddessen konnte die Fassade teilweise nicht geschlossen und mit den anderen Gewerken erst später begonnen werden.

Wie das so ist mit Neubauten. Einzelne Handwerker sind auch nach dem Einzug noch ein und aus gegangen. "Es ist toll geworden, so freundlich und hell", schwärmt Jutta Lampe. Die schiere Größe des weitläufigen Domizils sieht sie als Herausforderung, nach wie vor ein familiäres Verhältnis zu den Eltern zu pflegen, auch wenn jetzt die Wege etwas weiter sind und es länger dauert, bis man jedes Gesicht kennt. Schließlich ist die "Familie" von 50 Kindergartenkindern auf 75 gewachsen, zusätzlich sind drei Krippengruppen vorgesehen. "Weil es aber schwierig ist, im Krippenbereich Personal zu finden, können wir im September erst zwei dieser Gruppen öffnen", sagt die Einrichtungsleiterin. Vollbesetzt bietet die Adresse einmal 111 Kindern zwischen Null und sechs Jahren ein Dach über dem Kopf und einen sanft modellierten Garten vor den großen Fenstern. "Von Herbst an", berichtet die 60 Jahre alte Chefin von 14 Mitarbeiterinnen, "wird hier auch frisch für die Kinder gekocht. Bisher hatten wir Tiefkühlkost".

Bis dahin richtet man sich weiter ein im Haus. Die ruhige Sommerzeit, als viele in Ferien waren, hat einen vergleichsweise entspannten Übergang ermöglicht. Nicht unwahrscheinlich, dass in den nächsten Wochen nicht nur ein Ex-Kindergartenkind aus der Nachbarschaft den Kopf durch die Eingangstür des Hauses steckt und um einen kleinen Rundgang bittet, sondern auch Mitglieder des Bezirksausschusses: Die haben sich bekanntermaßen seit Jahrzehnten für die Bespielung der Fläche - wenn auch für eine Kombination aus Kultur und Kindern - bemüht und vor der Sommerpause schon gefragt, ob die Kita inzwischen eigentlich schon bezogen und festlich eröffnet worden sei. Feierlich wird's erst noch, sagt Ulrich Lobinger vom RBS: Der Termin für eine Einweihungsfeier sei derzeit noch nicht festgesetzt. "In der Regel findet diese erst etwa ein Jahr nach Inbetriebnahme statt."

© SZ vom 11.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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