Aus für EHC München:Sportart ohne Lobby

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Binnen Stunden ist am Montag die im Stadtrat angeblich über Fraktionsgrenzen hinweg geschlagene Brücke für den EHC München in sich zusammengestürzt. Es gibt in der Stadt keine ausreichend starke Lobby für Eishockey auf Erstliga-Niveau.

Johannes Schnitzler

Die Eishockeyanhänger in München stehen wieder einmal fassungslos vor den Trümmern ihrer Leidenschaft. Binnen Stunden ist am Montag die im Stadtrat angeblich über Fraktionsgrenzen hinweg geschlagene Brücke für den EHC in sich zusammengestürzt. Das Eishockey in München hat es wieder einmal nicht geschafft, die Kluft zwischen Ambition und Ökonomie zu überwinden.

Die Argumentation der SPD, man könne nicht einem Profiverein eine Summe "im hohen sechsstelligen Bereich" gewähren (die Rede ist von 800.000 bis eine Million Euro) und gleichzeitig Hunderte Breitensportvereine kurzhalten, ist vorsichtig ausgedrückt ambivalent. Weniger vorsichtig ausgedrückt ist sie scheinheilig. Die Stadtsparkasse hat jahrelang den TSV 1860 alimentiert, unter dem Patronat der Stadtwerke werden Schwimmer und Leichtathleten von Olympiaformat aufgebaut.

Dass der EHC nicht der Stadt den Schwarzen Peter zuschiebt, spricht für einen im Eishockeygewerbe keineswegs selbstverständlichen Realismus. Die Kette der hausgemachten Defizite ist dafür zu lang. Ein Engagement der Stadt hätte dem klammen EHC indes gepasst wie ein Wintermantel in kalter Nacht.

Es hätte ihn unabhängiger gemacht von privaten Gönnern und zugleich ein Signal sein können an potentielle Geldgeber, eine Gewähr für seriöses Wirtschaften. Nun klammern sich die Mitarbeiter an die Wunschvorstellung eines Ritters in schimmernder Rüstung, der mit gezücktem Säckel um die Ecke galoppiert.

Trotzdem oder gerade weil der EHC alle seine Kontakte in die Stadtpolitik ausgereizt hat, muss man feststellen: Es gibt in München keine ausreichend starke Lobby für Eishockey auf Erstliga-Niveau. Das ist nicht Schuld des Fußballs und des FC Bayern. Es ist einfach so. Und das macht die Nachricht für die Eishockeyfreunde umso trauriger.

© SZ vom 09.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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