Aus der Reihe "Dümmer als die Polizei erlaubt":Ein Joint zu viel

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Ein Drogenkurier raucht ausgerechnet vor den Augen von Polizisten Haschisch. Als sie ihn überprüfen, finden sie bei ihm 100 Kilo Rauschgift. Nun muss er fast sieben Jahre in den Knast.

Christian Rost

Für Verteidigerin Annette von Stetten passten Tat und Täter überhaupt nicht zusammen. "Diese Riesenmenge an Drogen und dieser doofe Kurier - das klafft auseinander", sagte die Anwältin in ihrem Plädoyer. Auch die Staatsanwältin und das Gericht wunderten sich, dass Antoni L. mit rund 100 Kilogramm Haschisch im Auto überhaupt auf die Idee gekommen war, sich an einer Raststätte einen Joint zu drehen. Polizisten beobachteten ihn und entdeckten seine brisante Fracht. Die achte Strafkammer am Landgericht München I verurteilte L. am Dienstag zu einer langen Haftstrafe. In der Nacht zum 16. März dieses Jahres war der 47-Jährige mit seinem silberfarbenen Kia vom holländischen Venlo nach Italien unterwegs. In Bari sollte er seinen Wagen stehen lassen und ihn einige Stunden später wieder abholen. Die Drogen wären dann aus dem Auto entfernt, und im Handschuhfach läge der Kurierlohn: 2000 Euro. So hatte man es ihm gesagt. Und genau so hatte es zwei Wochen vorher auf derselben Route funktioniert - da stellte sich Antoni L. noch etwas geschickter an. Diesmal aber machte er am Autobahnrastplatz Brunnthal eine Pause und baute sich zur Entspannung einen Joint. "Ein totaler Mist war das, so wie die ganze Sache Mist war", ärgerte sich L. im Gerichtssaal. Denn auf den Mann mit dem Bröckchen Haschisch zwischen den Fingern war sofort eine Zivilstreife aufmerksam geworden. L. war kein Profi im Drogengeschäft. Seinem Geständnis nach wollte er sich eigentlich in Holland nach einem Job als Lastwagenfahrer umsehen. Er war arbeitslos und hatte 2000 Euro Schulden. In Karlsruhe, wo er mit seiner Frau und seinen Töchtern wohnte, hatte sich kein Job ergeben. In Venlo ging er dann erstmal in einen Coffee Shop, rauchte "zwei, drei Joints", wie er sagte, und als er den Laden verließ, warb ihn am Parkplatz ein bislang Unbekannter als Kurier an. Antoni L. war natürlich klar, was der Holländer ihn seinem Auto versteckte. Um welche Art von Drogen und um welche Menge es sich handelte, will L. aber nicht gewusst haben. Er habe nicht gewagt, nach den Verstecken, die die Polizei später unter der hinteren Stoßstange fand, zu suchen. Sein Auftraggeber habe ihm gedroht, dass man ihn immer im Auge haben werde. Ob tatsächlich jemand dem naiven Kurierfahrer in einem anderen Wagen gefolgt war, ließ sich nicht ermitteln. Die Polizei kam den Hintermännern jedenfalls nicht auf die Spur, obwohl sich L. kooperativ zeigte. Er bot sich sogar als Lockvogel an, die Fahnder hielten den Plan aber für zu gefährlich. So saß allein L. auf der Anklagebank - im Anzug, mit Cowboystiefeln und den langen, zum Zopf gebundenen Haaren. Auch das Gericht erkannte an, dass seine Rolle nur untergeordnet war. Allerdings: Ohne Kuriere würde das Drogengeschäft nicht funktionieren, so der Vorsitzende Gilbert Wolf. Die Kammer verhängte sechs Jahre und zehn Monate Haft.

© SZ vom 09.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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