Asylbewerber:Flüchtlingszahl steigt massiv an

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Die Regierung von Oberbayern sucht Sammelunterkünfte für bis zu 1800 Asylbewerber. Die vorhandenen Einrichtungen in München und anderen Städten sind ausgelastet.

Lars Brunckhorst

Den Landkreisen rund um München steht ein Flüchtlingsstrom bevor: Die Regierung von Oberbayern benötigt in diesem Jahr voraussichtlich noch für bis zu 1800 Asylbewerber Unterkünfte, weil die vorhandenen Einrichtungen in München und anderen Städten ausgelastet sind. Regierungspräsident Christoph Hillenbrand hat deshalb am Dienstag bei einer Sitzung des oberbayerischen Landkreistags in Neufarn bei Vaterstetten einen eindringlichen Hilfsappell an die Landräte gerichtet.

"Die Sache brennt", sagte Hillenbrand bei einer Pressekonferenz im Anschluss. Alle 20 Unterkünfte im Regierungsbezirk seien nahezu vollständig belegt. Rund 2900 Menschen finden dort gegenwärtig Platz, doch die Regierung rechnet damit, dass heuer noch 1200 bis 1800 Asylbewerber hinzu kommen. Bayerns Sozialministerin Christine Haderthauer hatte unlängst für 2011 ein Antragsplus von bis 65 Prozent vorausgesagt und sich dabei auf Zahlen des Bundesamts für Migration bezogen. Zum Vergleich: 2008 gab es in Oberbayern nur 1250 Asylbewerber.

Für die Zunahme gibt es mehrere Gründe: So hat die EU die Visumspflicht für mehrere Balkanstaaten aufgehoben. Viele Flüchtlinge nutzen dies, um über die Türkei und Griechenland einzureisen. Da Griechenland nicht mehr als sicheres Drittland gilt, ist eine Abschiebung von Asylsuchenden, die auf diesem Weg nach Deutschland gekommen sind, nicht mehr möglich.

Bis zu 20 Gemeinschaftsunterkünfte mit jeweils hundert Plätzen braucht die Regierung laut Hillenbrand allein noch in diesem Jahr. Man nehme aber auch kleinere Angebote für 30 bis 40 Personen. "Wir sind über jede Meldung hoch glücklich", so Hillenbrand. In München etwa muss die Bayernkaserne, wo seit Herbst Flüchtlinge untergebracht sind, bis Mitte des Jahres geräumt werden. Die Landeshauptstadt trägt mit 60 Prozent aller Asylbewerber in Oberbayern einen überproportionalen Anteil. Die meisten Städte und Gemeinden haben nämlich in den vergangenen Jahren ihre Flüchtlingsheime geschlossen. Schließlich war die Zahl der Asylsuchenden in Bayern zwischen 1992 und 2007 von mehr als 59000 auf knapp 3000 gesunken. In Ebersberg etwa waren im Gasthaus Moossteffl zuletzt Aussiedler untergebracht, ehe das Heim aufgelöst wurde.

Landrat Gottlieb Fauth (CSU) konnte dem Regierungspräsidenten denn auch gestern ebenso wenig eine Unterkunft anbieten wie seine Amtskollegen aus den anderen oberbayerischen Landkreisen. Fauth will das Hilfegesuch aber bei der nächsten Dienstbesprechung der Landkreisbürgermeister an diese weitergeben. Auch Thomas Karmasin, der Bezirksvorsitzende des Landkreistags und Fürstenfeldbrucker Landrat, sagte zu, bei den Kommunen "nachzuhaken".

Abgesehen von der Organisation sind für die Kommunen mit der Unterbringungen keine Aufwendungen verbunden. Die Kosten werden vom Staat erstattet. Allerdings sind die jeweiligen Standort-Kommunen zuständig, wenn Asylbewerber nach dem Verlassen der Gemeinschaftsunterkunft obdachlos sind. "Diese Rechtslage ist nicht gerade motivierend, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen", so Karmasin dazu.

© SZ vom 09.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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