Artenschutz:Drei Türme zum Überleben

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Der Spatz hat es schwer in München, die Stadt will ihm helfen. Zum Beispiel mit speziellen Herbergen

Von Günther Knoll, München

Der Haussperling ist ein ausgemachter Kulturfolger: Er hat sich dort eingerichtet, wo der Mensch lebt. Jahrhundertelang kam er mit dieser Nachbarschaft auch bestens zurecht. Nischen, Ritze und Löcher in Gebäuden boten ihm Nistmöglichkeiten, die Stadtnatur in Gärten und Parks reichlich Nahrung. Den Spatzen, wie die Sperlinge im Volksmund heißen, dabei zuzuschauen, wie sie sich Brezenreste als Nahrung holten, gehörte zum Biergartenbesuch dazu. Doch der kleine braune Vogel hat ähnliche Probleme in München wie der Mensch auch: Er findet kaum noch geeigneten Wohnraum. Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hat deshalb längst Alarm geschlagen und zu Gegenmaßnahmen aufgerufen. Und auch die Rathaus-SPD hat ihr Herz für Spatzen entdeckt, sie forderte vor knapp einem Jahr ein städtisches Programm: "München rettet seine Spatzen".

Dass die Landeshauptstadt das Schicksal der Vögel zumindest in ihrer Hand behalten will, das geht jetzt aus der Antwort von Stadtbaurätin Elisabeth Merk auf den SPD-Antrag hervor. So sei die Stadtverwaltung auf vielen "Handlungsfeldern" aktiv, damit die Münchner die Spatzen auch weiterhin tschilpen hören können. Und sie wird laut Merk "im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten prüfen, ob die Situation des Haussperlings noch durch weitere Maßnahmen in Form von rechtlichen Vorgaben, Konzepten oder auch freiwillige Angebote verbessert werden kann".

Es gibt inzwischen sogar regelrechte Beherbergungsbetriebe für die Spatzen: In Neuperlach wurde im Februar ein eigener Spatzenturm aufgestellt, er soll den Vögeln als Ausweichquartier für die Zeit der Bauarbeiten auf dem Hanns-Seidel-Platz dienen. Es ist bereits der dritte in München, die anderen beiden stehen am Ackermannbogen und in Pasing.

Der Spatz hat in der Vergangenheit bewiesen, dass er mit dem Fortschritt gut zurecht kommt. Doch Neubauten und sanierte Fassaden ohne Schlupflöcher, versiegelte Flächen, englischer Rasen in Gärten und Parks, dazu Dampfstrahler, die Insekten und Samen selbst noch in den engsten Ritzen zu Leibe rücken, so dass sich kaum noch Futter finden lässt - das alles macht dem Vogel das Leben in der Großstadt München schwer. In einer Studie des LBV zum Vorkommen des Passer domesticus in der Stadt vor 2014 finden sich erschreckend viele Symbole, die "Population erloschen" bedeuten. Münchens Umweltreferentin Stephanie Jacobs hat deshalb sogar die Patenschaft für den bedrohten Allerweltsvogel übernommen. Und neben dem Bau von Spatzentürmen tut die Stadt einiges, damit er weiter zu München gehört - nicht nur als Kosewort "Spatzl". Für Bauherren, die Nistmöglichkeiten schaffen, gibt es einen Gebäudebrüterbonus, und in den städtischen Grünanlagen heißt es: Mut zu mehr Wildnis und Natur.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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