Am Hart:Unterkunft kommt an die Thalhoferstraße

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Der Bagger wühlt schon: Auf dem Grundstück an der Thalhoferstraße haben die Bauarbeiten begonnen, der Humus wird abgetragen. (Foto: privat)

In die Container-Anlage sollen 200 Flüchtlinge einziehen, die Bauarbeiten haben schon begonnen. Planungsreferat räumt eine mangelhafte Informationspolitik ein und verspricht Besserung

Von Nicole Graner, Am Hart

Ein großes, selbst gebautes Indianer-Zelt steht auf der Wiese des Grundstückes an der Eulerstraße 29. Noch steht es da. Es könnte verschwinden, wenn die Stadt München dort eine Flüchtlingsunterkunft für 200 Menschen bauen würde und nicht an der Thalhoferstraße (Flurstück 207/2). Den 6880 Quadratmeter großen Grund haben Peter Klein und seine Familie der Stadt als Alternativvorschlag für die geplante Flüchtlingsunterkunft vorgeschlagen, und zwar mehrmals. Bei der Sitzung des Bezirksausschusses, bei einer Informationsveranstaltung zur Flüchtlingsunterkunft an der Thalhoferstraße, bei der Bürgerversammlung des Stadtbezirks Milbertshofen-Am Hart im Juli und immer wieder in Schreiben an die Stadt. Eine Antwort habe Peter Klein bis jetzt nicht erhalten. "Ich habe immer noch nichts gehört", sagt Klein und fügt hinzu: Man müsse ja nichts begründen, es gehe nur um eine Antwort: ja oder nein.

Die Antwort, die es mittlerweile gibt, lautet: nein. Das Indianer-Zelt kann also stehen bleiben. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung hält das Alternativ-Grundstück für nicht geeignet. Die Notfall-Gemeinschaftsunterkunft Thalhoferstraße wird gebaut. Am Dienstag wurde der Bauzaun abgebaut, Pflöcke wurden ins Erdreich geschlagen. Am Donnerstag wurde bereits der Humus abgetragen. Das Baureferat beginne, wie Cornelius Mager, Leiter der Lokalbaukommission (LBK) erklärt, jetzt mit den Baumaßnahmen.

Die Anwohner hatten viele Argumente, die für eine Nutzung des Platzes an der Eulerstraße gesprochen hätten. Eine Bebauung an diesem Platz hätte nicht die Grünanlage am Schollerweg geteilt, die sich von der Rathenaustraße im Süden bis hin zur Rockefellerstraße im Norden erstreckt. Eine Grünanlage, die die Anlieger vor vielen Jahren für die Erschließung der angrenzenden Baugebiete mitfinanziert haben, und die sehr beliebt ist. Spaziergänger und Gassi-Geher nutzen die Grünanlage, Radfahrer und vor allem viele Schüler der Schule an der Bernaysstraße als Durchgangsverbindung von Nord nach Süd.

Auch die Infrastruktur wäre an dieser Stelle gut gewesen. Nur wenige Meter sind es bis zur Ingolstädter Straße, an der alles zu finden ist, sogar die Tagesklinik München-Nord. Es gibt eine Bushaltestelle in die Münchner Innenstadt, einen Bolzplatz in nächster Nähe, einen Spielplatz und viel städtisches Grün um den Grund herum.

Die Nachteile: In der Nähe der Eulerstraße, an der Prager Straße, stand von den Neunzigerjahren an rund 15 Jahre lang eine Containerunterkunft für Asylbewerber. Man habe den Bewohnern versprochen, wie es in einer Bezirksausschuss-Sitzung im Juli hieß, keine weiteren Anlagen dorthin zu bauen. Daran, erklärte Stadträtin Jutta Koller (Grüne) damals, wolle man sich auch halten Auch ist das Grundstück, das Peter Klein der Stadt anbietet, etwas kleiner und außerdem nicht einfach geschnitten. Die LBK begründet die Entscheidung unter anderem genau mit der Größe des Grundstücks. "Wir hatten die Eulerstraße 29 schon länger auf dem Film, auch schon bevor Herr Klein uns das Grundstück angeboten hat. Die Unterkunft an dieser Stelle hätte sich aber über die ganze untere Eulerstraße erstrecken müssen, um alles unterzubringen, auch eine Spielfläche innerhalb der Unterkunft", sagt Cornelius Mager.

Man hätte daher mit weit mehr Einwänden, etwa von den Anwohnern der Einfamilienhäuser an der nördlichen Eulerstraße, rechnen müssen, als nun an der Thalhoferstraße. Auch bestehe auf dem alternativ angebotenen Grund kein Baurecht. Gebaut wird also an der Thalhoferstraße. Die Unterkunft ist bis zum 31.Dezember 2020 befristet. "Es ist unser Wunsch", sagt der Leiter der Lokalbaukommission, "die Notfall-Unterkünfte so kurz wie möglich bestehen zu lassen, aber versprechen kann ich nichts".

Anwohner der Grünanlage haben Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht eingereicht. "Ich fühle mich verschaukelt", sagt Erich Kirner, der wie andere Anwohner einen Erschließungsbeitrag für die Grünanlage am Schollerweg bezahlt hat. "Dass die Grünanlage bebaut wird, ist nicht fair und ein massiver Eingriff ins Nachbarschaftsrecht." Auch Aribert Neuhaus, der einen Antrag auf eine Einstweilige Verfügung gestellt hat, wird noch eine Anfechtungsklage formulieren. "Ich möchte diese Grünanlage, die ich mitfinanziert habe, schützen", sagt der Anwohner der Bernaysstraße. Die Möglichkeit, jene Anwohner abzufinden, die Erschließungsbeiträge bezahlt haben, wird laut Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) "immer noch geprüft". Die Lokalbaukommission habe durch einen Mitarbeiter der Unteren Naturschutzbehörde auch prüfen lassen, ob auf der Grünanlage, einem kartierten Biotop, gebaut werden könnte. Es sei noch ein junges Biotop ohne große artenreiche Entwicklung, wurde der LBK mitgeteilt.

Die Thalhoferstraße (Flurstück 207/2) sei die zweitbeste Lösung gewesen, sagt Cornelius Mager. Auch räumt er eine mangelhafte Informationspolitik ein. "Die Kommunikation mit den Anwohnern ist nicht gut gewesen. Das gebe ich gerne zu, und das müssen wir in Zukunft besser machen", sagt er. Schlechte Kommunikation mache Angst. Auch seien die Baumfällungen, die mit der Planung des ersten Standorts einher gingen, nicht mit dem Planungsreferat abgestimmt. Dieser Eingriff müsse zeitnah ausgeglichen werden. Eine Aufböschung, die die Unterkunft ein wenig von den Häusern der Thalhoferstraße 7 und 9 abschirme, sowie eine Begrünung werde es, so bestätigt Bürgermeisterin Strobl, mit "Sicherheit geben".

Die Stadt hat nun angekündigt, eine Anwohner-Information zum Bau-Zeitplan an der Thalhoferstraße aufzulegen - so schnell wie möglich.

© SZ vom 25.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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