TV-Kritik:"Voll krass, Mann!"

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Der Polizist Carlos (Matthias Koeberlin) nimmt Alexander (Joshio Marlon) nach dem Mord an dessen Mutter auf. (Foto: Barbara Bauriedl/ZDF)

Das ZDF macht aus einer sehr bewegenden wahren Geschichte über einen Vater, der die Söhne zweier Mörder adoptiert, einen erstaunlich schlechten Film. Zwar gerät das Gezeigte niemals kitschig, die Dialoge sind dafür umso unbeholfener.

Von Karoline Meta Beisel

Man könnte meinen, manche Geschichten erzählen sich beinahe von selbst. So wie die des Münchner Polizisten Carlos Benede. Zweimal hat er es als Beamter im Opferschutzdezernat mit kleinen Jungen zu tun, die dabei waren, als der Vater die Mutter ermordete - zweimal entscheidet er, die Kinder zu adoptieren. Eine Reportage über Benede erschien 2014 im Magazin der Süddeutschen Zeitung, dutzendfach ist die Geschichte seither in Zeitungen, im Radio und in Fernsehbeiträgen erzählt worden.

Am Montag läuft im ZDF Der Polizist, der Mord und das Kind, und es zeigt sich: Offenbar erzählt sich selbst diese Geschichte doch nicht von allein. Der Film beginnt mit dem zweiten Jungen, der zu Benede (Matthias Koeberlin) kommt und rekapituliert den Fall des ersten Jungen Alexander (Joshio Marlon) in einer langen Rückblende, beginnend mit dem Mord an dessen Mutter. Drehbuchautorin Dorothee Schön hat mit Regisseur Johannes Fabrick schon bei dem hervorragenden Film Der letzte schöne Tag zusammengearbeitet. In Der Polizist, der Mord und das Kind hält sie sich dicht an Benedes Autobiografie. Genau wie in Wirklichkeit fahren der Polizist und Alexander beim ersten Treffen mit Blaulicht zum Eisessen; genau wie in Wirklichkeit trägt Benede dabei ganz bewusst seine Uniform, weil er hofft, so das Vertrauen des Jungen zu wecken.

Aber die Dialoge sind an vielen Stellen schrecklich hölzern. Alexanders Freund aus dem Fußballverein sagt: "Voll krass! Schlimm genug, dass er deine Mutter abgestochen hat, jetzt bist du auch noch der Sohn von einem richtigen Mörder. Voll krass, Mann!" Benede sagt: "Ich verstehe vom Fußball zwar nur so viel wie die Giraffe vom Heringsfang, aber das hab sogar ich gesehen, wie gut du bist." Und Alexander fragt seinen Vater: "Du hast mir das Liebste auf der Welt genommen. Warum?"

Ganz nebenbei bedient der Film alle möglichen Klischees. Die osteuropäische Verwandte, die sich zunächst um Alexander kümmert, interessiert sich kaum für den Jungen - aber sehr für die Wertsachen in der Wohnung der toten Mutter. Benedes Freundin schilt ihn beim Joggen: "Haben deine Eltern dir nicht beigebracht, dass man Mädchen immer gewinnen lässt?", bevor er ihr erklärt, dass man Alexanders Vater Vorsatz nachweisen muss - sonst könne man ihn nicht wegen Mordes, sondern nur wegen Totschlags bestrafen; was natürlich vollkommener Blödsinn ist: Ohne Vorsatz kommt auch kein Totschlag infrage.

Es ist eine Leistung, dass der Film an keiner Stelle kitschig ist. Dass er den Zuschauer trotz aller Mängel berührt, ist aber kein besonderes Verdienst der Filmemacher - manche Geschichten sind einfach gut, ganz egal, wer sie erzählt.

Der Polizist, der Mord und das Kind , ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 11.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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