TV-Kritik: "Bauer sucht Frau":Fleißiger Pferdewirt sucht starke Schulter

RTL wagt sich an ein Tabu und verkuppelt bei "Bauer sucht Frau" erstmals einen schwulen Landwirt. Das klingt nach vielen Klischees und hoher Quote. Doch ein kauziger Bayer und seine thailändische Bäuerin werfen die Showdramaturgie über den Haufen - und schaffen den Unterhaltungshöhepunkt des Fernsehabends.

Johanna Bruckner

Nach sechs Staffeln Bauer sucht Frau weiß Inka Bause, wie sie beim Fernsehpublikum die Landlust weckt: "Einer unserer Landwirte sucht keine Frau, sondern einen Mann fürs Leben", begrüßt die RTL-Kupplerin die Zuschauer. Die Kulisse stimmt (Blumenwiese, blauer Himmel, Sonnenschein), der Köder ist ausgelegt - und die Moderatorin strahlt: Auch die siebte bäuerliche Singlebörse wird wohl wieder ein Erfolg werden, zumindest ein Quotenerfolg.

Josef und Narumol , Bauer sucht Frau

Josef und Narumol mit Moderatorin Inka Bause (Mitte): Das Vorzeigepaar darf auch in der siebten Staffel nicht fehlen.

(Foto: RTL)

Bevor es aber zum erklärten Showhöhepunkt kommt - der Präsentation des schwulen Landwirts - dürfen zwölf andere Bauern ihr Werbungsgesuch aufgeben. Es gilt schließlich, die Spannung über 70 Sendeminuten aufrechtzuerhalten. Weil nicht jeder der Singles den natürlichen Unterhaltungswert eines Bauern Josef bietet (dazu später mehr) und so ein Aufruf-Marathon schnell langweilig werden könnte, werden die Einspieler nach bewährtem Rezept gewürzt.

Zutat eins: knackige Beinamen: Vom "attraktiven Biobauern" über den "ehrlichen Eifelbauern" und den "munteren Milchbauern" bis hin zum "sanften Schweinebauern" gibt es alles. Nur einfach Bauern, die gibt es bei RTL nicht - der Berufsstand steht schließlich in dem Ruf, auf Frauen nicht eben anziehend zu wirken.

Hat der gemeine Landwirt sein Brandzeichen bekommen, darf er Traumpartner und Beziehungstraum beschreiben. Das klingt bisweilen etwas unbeholfen, ist aber durchaus anrührend. So wünscht sich Horst, 57, der gutmütige Kuhbauer, eine Frau, die ihm auch mal in den Hintern tritt: "Die sollte etwas Temperament haben, so ähnlich wie 'nen Nähmaschinchen. Die sollte vorangehen - zack, zack, zack." Und der sanfte Schweinebauer Uwe hat ganz pragmatische Anforderungen an seine Traumfrau: "Wenn sie nich' gerade Vegetarierin is, wär's von Vorteil", stellt der 41-Jährige lakonisch fest.

Ganz trauen die Macher dem spröden Charme der Landwirte aber offenbar nicht, deshalb wird hier und da nachgeholfen. So darf der muntere Milchbauer Gerhard mit Hund Beppo vor die Kamera und der treue Jungbauer Bernd posiert mit einem weißen Kaninchen im Arm. Fast jedes Frauenherz lässt sich schließlich mit süßen Tierbabys erweichen.

Bei ganz hartnäckigen Fällen springt die Moderatorin höchstpersönlich ein. Weil der attraktive Biobauer Jan-Oliver für einen einsamen Landwirt eindeutig zu gut gelaunt ist, tönt Inka Bause aus dem Off mit viel Pathos: Der 33-Jährige habe sich mit seiner Stutenmilch-Farm zwar seinen beruflichen Traum erfüllt, "aber die größte Sehnsucht ist geblieben". Dazu singen die Backstreet Boys "As Long As You Love Me".

Bauer sucht Frau lebt von dieser Art Brachial-Romantik und der kalkulierten, unfreiwilligen Komik der Protagonisten. Das Format wandert dabei auf dem schmalen Grad zwischen Spaß und Spott: Im besten Fall erlangen die Beteiligten zumindest kurzzeitig einen gewissen Kultstatus. Im schlimmsten Fall werden sie bloßgestellt - und egal wie es kommt, sie landen auf jeden Fall als Witzfiguren bei Stefan Raab.

Beim Bayern Josef und der Thailänderin Narumol ging das Sendungskonzept 2009 voll auf. Trotz anfänglicher Verständnisschwierigkeiten ("Er macht mich fick und fertig") fanden die beiden den Weg vor den Traualtar. Weil sich solche Erfolgsgeschichten zu Beginn einer neuen Kuppelrunde immer gut machen und das skurrile Paar ein Quotengarant ist, dürfen der "fromme Milchbauer" und seine Angetraute auch in Staffel sieben nicht fehlen.

Auftritt Narumol im Kuhstall: Die Hochschwangere überrascht ihren Gatten beim Mistschaufeln mit einem Namensvorschlag für das gemeinsame Baby. "Jorafina" ist dem bodenständigen Josef aber offenkundig etwas suspekt und er zückt kurzerhand das "Verzeichnis der Kuh-Namen" aus seinem Kittelschurz. "Dein Kind ist kein Kuh", empört sich die werdende Mutter.

Man ahnt: Viel unterhaltsamer wird es nicht werden. Dass am Ende tatsächlich Josef und Narumol für den Höhepunkt des TV-Abends sorgen, liegt nicht zuletzt daran, dass Bauer Nummer dreizehn wider Erwarten kein wandelndes Schwulen-Klischee ist. Wer auf rosa Federboas und Rehpinscher mit Strasshalsband gehofft hatte, wird enttäuscht. Der fleißige Pferdewirt Philipp trägt modernen Landhausstil - Karohemd zu Jeans - hat ein Hausschwein namens Pumba und sucht "eine starke Schulter zum Anlehnen".

Spektakulär unspektakulär, könnte man sagen. Aber die Staffel ist ja noch jung.

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