"Stille Wasser" im BR-Fernsehen:Tod auf dem Fluss

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Grandios unkommerziell und eigenwillig: Der Kurzfilm "Stille Wasser" von Regisseurin Anca Miruna Lazarescu erzählt die Flucht zweier rumänischer Freunde zur Zeit des Ceausescu-Regimes. Die parabelhafte Geschichte von zwei ungleichen Männern wurde im Kurzfilmwettbewerb der Berlinale 2011 mit Preisen überhäuft.

Claudia Tieschky

Politische Filme sind grundsätzlich Anti-Wohlfühl-Werke und es ist deshalb ziemlich erstaunlich, dass sie zur Zeit le dernier cri im Kino sind; allerdings bringt es natürlich Vorteile, wenn große Namen dahinterstehen - Meryl Streep in der Rolle als Magaret Thatcher, Clint Eastwood, der als Regisseur das Leben von FBI-Chefs Hoover interpretiert oder Angelina Jolies Regiedebüt mit einem Drama aus dem Balkankrieg. Das zieht sogar trotz des Themas. Insofern ist die sehr fesselnde, sehr politische Produktion Stille Wasser, die während des Ceausescu-Regimes in Rumänien spielt, auf der Höhe der Zeit und zugleich komplett anders als das neue engagierte Kino der Studios.

Gregor (Toma Cuzin, rechts) will dem Terror in seiner Heimat Rumänien entfliehen. (Foto: Bayerischer Rundfunk)

Man könnte auch sagen, dass Stille Wasser ein so grandios unkommerzieller und eigenwilliger Film ist, wie er vielleicht nur als Studienabschlussarbeit entstehen kann und dann nie wieder. Es ist der Moment der Wunderwerke. Regisseurin Anca Miruna Lazarescu, 1979 im rumänischen Timisoara geboren, erzählt in ihrem Film mit den Mitteln der Fiktion eine wahre Begebenheit. Ihre letzte Arbeit als Studentin der Münchner Hochschule für Fernsehen und Film wurde im Kurzfilmwettbewerb der Berlinale 2011 uraufgeführt und erhielt zahlreiche Festivalpreise.

Stille Wasser zeigt die Flucht zweier rumänischer Freunde über die Donaugrenze, ein nächtliches Drama mit Gewehren, Schnellbooten, Todesangst. Dafür hat der Film eine ziemlich ungewöhnliche Temperatur, muss man sagen, denn er ist, während das Schicksal kräftig beschleunigt, richtiggehend versessen auf die Dauer des Augenblicks.

Es ist zum Beispiel das Morgenlicht über dem Tümpel, in dem der eine von beiden Männern, Gregor, mit Stoppuhr seine Schwimmleistung trainiert oder die grüne Weltabgewandtheit der Donaulandschaft, weshalb man an diesem Film hängen bleibt. Um Romantik geht es hier nicht: Stille Wasser lässt bloß im Grunde die weltpolitischen Zusammenhänge weit auf der Seite liegen und erzählt in 28 Minuten eine schon fast universelle, parabelhafte Geschichte von zwei ungleichen Männern - leichtlebig und wendig der eine, strategisch und stur der andere - die sich in Gefahr begeben und zumindest einer von beiden kommt darin um.

Und zu diesem Zeitpunkt, nachdem der letzte Schrei im Wasser erstickt ist, nimmt die Geschichte, die auch mit einer Frau zu tun hat, eine so bittere wie barmherzige Wendung.

Stille Wasser, BR, 23.40 Uhr.

© SZ vom 21.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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