Russland:Druckstelle

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Michail Prochorow, der Eigentümer der russischen Mediengruppe RBK. (Foto: Oleg Nikishin/Getty Images)

Die "RBK"-Mediengruppe ist eine der wenigen kritischen, unabhängigen Stimmen im Land. Jetzt wurde die Chefredaktion entlassen. Steckt der Kreml dahinter?

Von Frank Nienhuysen

Der Journalistenverband zürnt, der Kreml dementiert, der Milliardär schweigt. Michail Prochorow ist Eigentümer der russischen Mediengruppe RBK, der eine der wenigen kritischen, unabhängigen Stimmen des Landes gehört. Das könnte sich bald ändern. Ende der vergangenen Woche wurde die Chefredaktion von RBK entlassen. Genau erklärt hat die Mediengruppe das nicht, es habe "unterschiedliche Meinungen über Fragen der Entwicklung" gegeben. Das war alles. Aber nicht für alle.

Denn im April hatten maskierte Beamte bereits Prochorows Holding Onexim durchsucht, der auch RBK gehört. Schon in der Razzia sahen in Russland viele den Versuch des Staates, Prochorow zum Verkauf der Medienholding und damit der unbequemen Zeitung RBK und des gleichnamigen Fernsehsenders zu drängen. Kremlsprecher Dmitrij Peskow bat darum, die Durchsuchung nicht mit der Redaktionspolitik von RBK zu verbinden. Doch dass nun die Chefredaktion entlassen wurde, lässt anderes vermuten. Pawel Gussew, Leiter des russischen Journalistenverbandes und zugleich Chefredakteur der auflagenstarken Boulevardzeitung Moskowskij Komsomolez, sagte das recht deutlich: "Natürlich hat die Entlassung einer Chefredaktion immer damit zu tun, dass die Redaktionspolitik jemandem nicht passt. RBK war sehr scharf und aktiv, es gab diverse Veröffentlichungen, die die höchste Staatsführung betrafen." Peskow nannte den Vorwurf, dass der Staat Druck ausgeübt habe, "absurd".

RBK hatte umfangreich über die Präsidententochter und die Geschäftsinteressen von Wladimir Putins Freunden berichtet. Anfang April hob die Zeitung das in den Panama Papers dokumentierte Netz von Briefkastenfirmen des Putin-Vertrauten Sergej Roldugin auf ihre Titelseite. Und vorige Woche schrieb RBK über eine Austernzucht vor einer "Putin-Datscha" an der Schwarzmeerküste. Sogar der regierungsfreundliche Ombudsmann für Unternehmer, Boris Titow, sagte, es wäre "sehr schade, wenn sich nun die Redaktionslinie ändert".

© SZ vom 18.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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