RTL-Show:Vom Männer-Traum, ein allmächtiger Hahn zu sein

RTL-Show: Daniel Völz, der Bachelor der achten RTL-Staffel

Daniel Völz, der Bachelor der achten RTL-Staffel

(Foto: MG RTL D / Tom Clark)

Ein Mann und 22 Frauen suchen nach der großen Liebe. Dabei ist "Der Bachelor" 2018 nur der letzte Rückzugsort für von der "Me Too"-Debatte verunsicherte Männer.

Von Julian Dörr

Kristina will gehen. Sie ist für die Liebe gekommen, sagt sie. Aber dann hat sie gemerkt, dass alles nur Show ist. Daniel, der Mann neben ihr auf dem Sofa, schaut verständnisvoll und antwortet: "Ja, das ist eine Show. Aber es sind meine echten Gefühle." Die erste Folge der neuen, achten Staffel läuft gerade einmal eine Stunde auf RTL, als sich die Zuschauer mit dem grundsätzlichen Dilemma des Bachelors konfrontiert sehen.

Man will ihm das ja alles unbedingt glauben. Das mit den echten Gefühlen, der Suche nach der einen Frau, der großen Liebe und der großen Romantik. Allein nur deshalb, weil sich der neue Bachelor Daniel Völz in den ersten Sendeminuten so rührend ernsthaft in jedes nur erdenkliche Bachelor-Klischee hineingräbt. Der Berliner Immobilienmakler, der schicke Villen an die Reichen und Schönen in Florida verkauft. Der mit dem Cabrio durch Miami röhrt, weil er einfach auf Autos - genauer: "alles, was brummt und schnell ist" - steht. Und der seine Französische Bulldogge knuddelt.

"Es geht um mein Herz, meine Gefühle, letztlich, meine Zukunft", sagt Daniel zu Beginn im schönsten Instagram-Filter-Licht. Und gleich noch so einen Satz: Wenn er liebe, dann gebe er alles - manchmal zu schnell, manchmal zu viel. Die RTL-Redakteure geben sich zweifellos die größte Mühe, um die ernsten Absichten des Bachelors zu etablieren. Als Kronzeugin der Seriosität tritt sogar Daniels Oma auf, mit der sich der Bachelor in einem Berliner Restaurant trifft. Um dann der Kamera von den seit 60 Jahren glücklich verheirateten Großeltern vorzuschwärmen. Hach.

Als er die erste Frau verwechselt, ist alle Illusion dahin

Man will Daniel Völz das also wirklich alles unbedingt glauben. Bis zu dem Moment, an dem man es nicht mehr glauben kann. In kleinen Porträt-Filmchen und kurzen Interview-Sequenzen haben sie von der großen Liebe geredet, Daniel und Kristina und die 21 anderen Frauen. Nun sitzen sie gemeinsam in der großen Villa und der Bachelor geht ins Einzelgespräch über.

Als Erstes schnappt er sich Janina, groß, blond, blaues Kleid. "Ich war wie festgenagelt", erinnert sich Daniel an ihre Begegnung kurz zuvor. "Du warst die erste Frau des Abends." Problem nur: Janina war die Nummer vier. Daniel hat sie gerade mit Lina verwechselt. Die ist auch groß, auch blond, das Kleid irgendwie auch blau. Unangenehm für Daniel. Noch unangenehmer für die Zuschauer. Denn das Bild, das hier vermittelt wird, ist: die Frau, das austauschbare Wesen.

Natürlich sind das alte Vorwürfe. Schon seit der ersten Staffel wird dem Bachelor "Dekadenz, Oberflächlichkeit und Beklopptheit" vorgeworfen, die Reality-Show sei "menschenverachtend" und kaum mehr als ein "Kamelhandel". Doch in diesem Jahr ist es noch einmal ein bisschen anders. Es ist die Zeit der "Me Too"-Debatte - und damit die Zeit verunsicherter Männer. Männer, die sich fragen, welche Komplimente sie noch machen dürfen. Männer, die sich fürchten, dass ihr Flirt als Sexismus verstanden werden könnte.

Man kommt nun nicht umhin festzustellen: Der Bachelor 2018, das ist so etwas wie der letzte Rückzugsort für alle von der "Me Too"-Debatte verunsicherten Männer, ein ultimativer safe space. 22 willige Kandidatinnen und ein gütiger Herrscher. Hier gibt es keine Grauzonen. Hier ist alles auf Gefälligkeit ausgerichtet. In dieser Welt sagen Frauen Sätze wie "Lasst die Spiele beginnen" oder "Du musst Gas geben, sonst gehst du unter". Es geht hier nicht um die Frage, ob es die echten Gefühle in der falschen Show geben kann. Es geht um die Erfüllung des alten, männlichen Traums vom allmächtigen Hahn im Korb. Ein Traum, der dieser Tage wieder öfter geträumt wird.

Am Ende, klar, bleibt Kristina.

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