Episode "Du gehörst mir":"Tatort"-Nachlese: Da labern echt alle drüber

Tatort: Du gehörst mir

Jeder kämpft für sich allein im Ludwigshafen-Tatort: die Kommissare Lena Odenthal, Mario Kopper und Johanna Stern

(Foto: SWR/Alexander Kluge)

Dieser Krimi hat: eine Ballerina im Koma, einen toten Bodybuilder, einen verliebten Gangster-Rapper. Und außerdem ziemlich viele Klischees.

Kolumne von Julian Dörr

Darum geht es:

Eine Ballerina liegt nach einer versuchten Vergewaltigung im Koma. Der mutmaßliche Täter, ein Bodybuilder, wird kurz darauf zwischen zwei Autos zerquetscht. Lena Odenthal, Mario Kopper und Johanna Stern ermitteln in "Du gehörst mir" zwischen Anabolika-Dealern, Gangster-Rappern und einer verzweifelten Mutter. In diesem Tatort dreht sich alles um Emotionen, um Empathie, um Fürsorge. Wenn sie fehlt, leiden Menschen. Wenn sie zu viel wird, sterben sie.

Lesen Sie hier die Rezension von SZ-Kritikerin Katharina Riehl:

Bezeichnender Dialog:

Die kühle Profilerin Johanna Stern steht mit einem Durchsuchungsbefehl in der Wohnung von Birte Rainders, der Mutter von Koma-Patientin Marie Rainders. Dort trifft sie auf Kommissarin Odenthal.

Odenthal: "Was zum Teufel soll das?"

Stern: "Ja, das kann ich Sie fragen!"

Odenthal: "Gestern Abend haben die Ärzte Frau Rainders Tochter für klinisch tot erklärt."

Stern: "Was hat das mit unseren Ermittlungen zu tun?"

Odenthal: "Haben Sie noch einen Funken an Mitgefühl?"

Stern: "Wir haben zwei Morde. Nach dem Zwischenfall mit Herrn Peters sitzt uns die Interne Ermittlung im Nacken. Und Sie übernachten bei einer Tatverdächtigen? Haben Sie noch einen Funken an Verstand?"

Die besten Zuschauerkommentare:

Beste Szene:

In Ludwigshafen kollidieren Polizei-Philosophien. Kommissar Kopper pinkelt in Cowboystiefeln neben den Tatort. Und die durchorganisierte Profilerin Stern gibt die Kinder auf dem Weg zur Leiche noch schnell in der Kita ab. Der Macho und die Karrierefrau, erst wird gestritten (Stern: "Ich muss nicht mein Beinchen heben, um mein Revier zu markieren." - Kopper: "Was ist ihr Problem? Angeborene Arroganz oder zu lange beim LKA?"), dann geht's ins Ristorante. Am Ende säuft Kopper mit dem dicken Koch und singt Schlager. Denn in Ludwigshafen dürfen Italiener noch Italiener sein.

Top:

Yago Torres, genannt El Macho, Gangster-Rapper und Ludwigshafens Finest. Erst darf er in einem herrlich schlechten Musikvideo - das hoffentlich niemand beim SWR für ein richtiges Musikvideo hält - mit einer hübschen Ballerina tanzen. Dann rollt er mit seiner Entourage im Krankenhaus ein. Einer wartet am Auto, einer vor der Tür. Und El Macho? Der nimmt die Goldzähne raus und küsst Marie Rainders auf die Stirn.

Flop:

Klar, es geht um Bodybuilder, Ballerinas und Gangster-Rapper. Die Schöne und die Biester. Aber ein paar Klischees weniger hätten es auch getan. Die Empfangsdame aus dem Fitness-Studio tröstet traurige Männer mit Sex. Und macht dabei Selfies. Als Kopper sie nach ihren Gründen fragt, antwortet sie: "Für den Fame. Ich hab schon 180 Likes deswegen. Tarim wurde ermordet, Daniel von den Bullen verhört. Das ist ganz oben in den Charts, da labern echt alle drüber."

Bester Auftritt:

Zwischen Kopper und Odenthal ist etwas kaputt gegangen. Es köchelt unter der Oberfläche dieses Tatorts und irgendwann bricht es heraus. Die Ermittlungen hängen, die Kommissare keifen sich an und der frustrierte Kopper konfrontiert Lena Odenthal auf dem Gang des Präsidiums:

Kopper: "Du bist ausgezogen, hast dir 'ne Auszeit genommen, ein neues Leben."

Odenthal: "Es ging mir beschissen, Kopper. Ich war ausgebrannt."

Kopper: "Dir ging's beschissen? Hast du die ganzen Jahre alleine ermittelt? Hast nur du die ganzen Leichen gesehen? Die toten Kinder? Die verzweifelten Mütter? Ich hab' weiterermittelt, in der Scheiße gewühlt, während du dein Ying und Yang ins Gleichgewicht gebracht hast. Macht doch was ihr wollt. Leck mich am Arsch!"

Auch alte Cowboys fühlen Schmerz.

Die Erkenntnis:

Es wird viel geredet und geflucht in diesem Krimi: über Karma, Schicksal, Gerechtigkeit. Die Bösen, die dran glauben müssen. Und die Guten, die weiterleben sollen. Am Ende stehen drei Kaffeebecher auf den Stufen des Krankenhauses. Für jeden Ermittler eine. Aber niemand kommt. Jeder kämpft für sich allein.

Die Schlusspointe:

Die Hoffnung stirbt zuletzt, aber auch sie stirbt. Lena Odenthal schaltet die Geräte ab. Eine Mutter weint um ihr verlorenes Kind, ein Gangster-Rapper um seine verlorene Liebe. Dann fährt Kopper davon, die Kommissarin sprintet hinterher, das Bild friert ein, kurz vor dem Ziel.

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