Manchmal liegen zwischen Recht und Unrecht nur ein paar Meter. Während seines Vergewaltigungsprozesses, der 2011 mit Freispruch endete, war Jörg Kachelmann von Fotografen verfolgt worden, gegen viele veröffentlichte Fotos ist er vor Gericht gezogen. Nun hat das Bundesverfassungsgericht über zwei in Bild abgedruckte Aufnahmen jener Zeit entschieden - und die Grenze zwischen Pressefreiheit und Persönlichkeitsschutz sehr anschaulich gemacht.
Eine der Aufnahmen, veröffentlicht am 18. Mai 2011, zeigt Kachelmann auf dem Weg zu seiner Verteidigerin - auf öffentlicher Straße, wenige Meter vor der Kanzlei. Land- und Oberlandesgericht Köln sahen darin einen erheblichen Eingriff in seine Privatsphäre. Das Bundesverfassungsgericht hob die Entscheidung wegen Verletzung der Pressefreiheit auf. Dass das Foto geringen Informationswert habe, sei nicht entscheidend. Zudem gehöre es zur Freiheit der Presse, "nach publizistischen Kriterien zu entscheiden, was öffentliches Interesse beansprucht". Vor allem aber hob das Gericht hervor, dass ein Prominenter, der in einen Fall von allergrößtem öffentlichen Interesse verwickelt war, nun mal keine Privatsphäre genießt, solange er sich im öffentlichen Raum bewegt.
Auf dem Parkplatz im ein wenig abgeschirmten Innenhof der Kanzlei war Kachelmann auch abgelichtet worden. Dort befinde er sich in einer "durch räumliche Privatheit geprägten Situation", befand das Gericht und wies die Verfassungsbeschwerde von Bild ab.