Arte-Doku über Edgar Snow:Mein Freund Mao

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Edgar Snow auf einem Boot, im Hintergrund die Freiheitsstatue (Foto: © Show and Tell Films)

"Zuhause ist woanders" erzählt vom US-Journalisten Edgar Snow, der einst Verständnis für den Kommunismus in China zeigte. Und von seiner zweiten Ehefrau, der Hollywoodschauspielerin Lois Wheeler. Außerdem von Chinas wechselvoller Geschichte. Aber was zu viel ist, ist zu viel.

Von Bernd Graff

Diese Doku verfolgt einen filmisch interessanten Ansatz, und sie behandelt ein spannendes Ehepaar. Eigentlich gute Voraussetzungen für gutes Gelingen. Von den Dreißigerjahren an wird das Leben des amerikanischen Journalisten Edgar Snow und seiner zweiten Ehefrau Lois Wheeler erzählt, einer Broadway- und Hollywood-Schauspielerin. Ihn trieb die Faszination, ja Leidenschaft für das frühe kommunistische China und seinen Führer Mao Tsetung. Snow trifft ihn 1935 in Nordchina auf dessen "Langem Marsch" und begleitet ihn drei Monate lang.

Aus den Protokollen seiner Gespräche mit Mao ist Snows überaus erfolgreiches Buch Roter Stern über China hervorgegangen, das den Kommunismus chinesischer Prägung als eine historisch notwendige und gerechtfertigte Volksbewegung darstellt, mit der man durchaus sympathisieren kann. Es wurde in viele Sprachen übersetzt. Snow geriet auch darum in den Fünfzigerjahren in seiner Heimat in den Verdacht, selber mit dem Kommunismus zu sympathisieren oder in den Worten dieser hitzigen Jahre: ein unamerikanisch umtriebiger Kommunist zu sein. Die Doku enthält die Tonbandaufzeichnung seiner Verteidigung vor dem Untersuchungsausschuss. Diese Kommunistenhetze in der Heimat veranlasst die Familie schließlich, in die Schweiz zu übersiedeln.

Zappen zwischen den Zeiten

Die ambitionierte Dokumentation von Peter Entell will diese ungewöhnliche Jahrhundertgeschichte auf drei Zeit-Ebenen und mit zwei Schwerpunkten zugleich erzählen. Sie begleitet - erste Ebene - einen Abrissbagger, der sich an dem Schweizer Einfamilienhaus zu schaffen macht. Noch in diesem Haus sieht man dann die verwitwete Lois Wheeler, die - zweite Ebene - gezeigt wird, wie sie als alte Frau das Haus räumt und sich dabei an ihr Leben und das ihres Mannes erinnert. Zu diesen Erinnerungen gehören auch - dritte Ebene - die Originalfilmdokumente von Edgar Snow und die Zeitungsausrisse mit Kritiken zu ihrer eigenen Karriere aus den Dreißiger- und Vierzigerjahren. Und es gibt historisches Filmmaterial zu China.

So zappt die mehr als 100-minütige Doku zwischen Zeiten und Personen, Geschichten und Geschichte und kann sich nicht entscheiden, worauf sie sich fokussieren will: auf das Leben des Journalisten und Mao-Freundes oder auf das der Schauspielerin? Oder auf Chinas wechselvolle Geschichte im 20. Jahrhundert? Für alles gibt es gute Gründe und bewegende Bilder. Es verdient auch alles, gezeigt und erinnert zu werden. Aber nicht alles zur gleichen Zeit.

Zuhause ist woanders , Arte, 23.00 Uhr.

© SZ vom 02.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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