Apple-Markencheck in der ARD:Schattenseiten des iFiebers

Apple Store New York

Zwischen Hype und Ausbeutung: Apple-Filiale an der 5th Avenue in New York.

(Foto: Reuters)

Designstudentinnen im Glücksrausch und ausgebeutete Arbeiter: Der neueste ARD-Markencheck versucht, hinter die Fassade der Lifestyle-Marke Apple zu blicken.

Von Mirjam Hauck

Im Apple-Werbespot von 1984 zerstört eine Sportlerin in knallroter Turnhose mit einem gezielten Wurf eines Vorschlaghammers einen riesigen Bildschirm und befreit so die graugesichtige und in grauer Einheitskluft gekleidete Menschheit von der Technosklaverei. Der fast 30 Jahre alte Werbefilm, der Apple als Erlöser feiert, kommt einem wieder in den Sinn beim Betrachten des vierten Teils der aktuellen Markencheck-Staffel im Ersten, der sich ganz dem Apple-Fieber widmet.

So zeigt die WDR-Reportage zunächst hübsche Kölner Designstudentinnen, die an ihren Macbooks sitzen und euphorisiert über "Glücksgefühle" dabei berichten. Oder eine junge Apple-Kundin, die gerade ein iPhone 5 erstanden hat und erzählt, dass sie es "nachher mit ins Bett nimmt". So großartig sind sie also, die Produkte mit dem angebissenen Apfel. Und um dieses Fieber wissenschaftlich zu untermauern lässt die Redaktion 25 Probanden in eine MRT-Röhre schieben, um festzustellen, ob sich beim Begucken von iPhone, iPad und iPod irgendwas Signifikantes im Gehirn tut. Und tatsächlich stellt ein Neurologe fest, dass ein "Bereich aktiviert wird, der mit dem Mögen von Personen verbunden ist".

Soweit, so albern. Aber der Markencheck würde seinem Format nicht gerecht, wenn er außer solchen Tests sich nicht auch an tatsächlich relevanten Kritikpunkten abarbeitet. Auch die Tests aus frühen Sendungen - ob man jetzt bei TUI oder Neckermann das Zimmer mit Meerblick bekommt oder Burger King mehr Salz als McDonalds auf seine Pommes gibt - haben durchaus durchaus für Unterhaltung gesorgt.

Der "Apple-Check" widmet sich recht ausführlich den Bedingungen, unter denen chinesische Arbeiter Macbooks, iPhone und Co. am Fließband produzieren. In der Öffentlichkeit ist mittlerweile bekannt, dass Apple trotz Milliardengewinnen und einem Börsenwert, der den fünf größten deutschen Unternehmen entspricht (zusammengezählt), mitsamt seinen Zulieferern wie Foxconn in der Kritik steht - wegen niedrigster Löhne bei Arbeitszeiten von 60 Wochenstunden und mehr. Auch von der ARD befragte Passanten in der Kölner Fußgängerzone wissen um das Los der Arbeiter, als sie die Lohnkosten eines iPhone schätzen sollen: "Die armen Foxconn-Mitarbeiter verdienen sicher nicht sehr viel".

Wie weit Apple davon entfernt ist, Menschen aus der Arbeitssklaverei zu befreien, sollen dann eindrucksvolle Bilder belegen. Sie zeigen Gitternetze vor den Fenstern der Foxconn-Wohnheime, damit sich die Arbeiter nicht aus Verzweiflung herunterstürzen und heimlich aufgenommene Sequenzen von kleinen fensterlosen Schlafräumen, die sich 14 Arbeiterinnen teilen müssen.

Apple selbst äußert sich wie gewohnt nicht zu den Aufnahmen. Auch die von Experten geschätzten sechs Euro Arbeitskosten pro iPhone kann das Unternehmen laut WDR nicht nachvollziehen. Es nennt aber auch keine anderen Zahlen. Natürlich lässt sich jetzt einwenden, dass auch ein Großteil der anderen Elektronikriesen alles andere als fair in Asien produzieren lässt und dass dies alles keine Spezialität von Apple sei. Und auch die Schlussszene drückt recht melodramatisch auf das Gewissen der Fernsehzuschauer: Einer Arbeiterin in China, die unter menschenunwürdigen Bedingungen Apple-Produkte herstellt, wird die Szene aus der Kölner Designhochschule präsentiert - mit augenscheinlich sorgenfreien Studenten und ihren Dutzenden Macs und iPhones. Produkte, die sie sich auf absehbare Zeit sicher nicht leisten kann.

Dennoch ist es eine Stärke des Films, dass er das Kaufen-und-Habenwollen vom immer neuesten technischen Schnickschnack und den Hype um die Lifestyle-Marke und ihren verstorbenen Guru Steve Jobs thematisiert. Auch wenn man nicht damit rechnen darf, dass sich fortan alle Apple-Kunden für eine gerechtere Weltwirtschaftsordnung einsetzen oder gar im Laden nach fair produzierten Smartphones fragen.

Apple-Markencheck, Montag, 20.15 Uhr ARD

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