Technik:Mut zum Schrauben

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Wenn ein Toaster nicht mehr funktioniert, muss man ihn nicht gleich wegwerfen. In Repair-Cafés kann jeder Dinge selbst reparieren.

Von Kathleen Hildebrand

Zarte Dampfschwaden steigen auf, als Uwe Schrott sich über seinen Lötkolben beugt. Er versucht, einen neuen Akku in eine elektrische Zahnbürste einzubauen. Eine Frau hat sie zum Reparieren mitgebracht. "Ich habe sie erst seit fünf Jahren und jetzt funktioniert der Akku nicht mehr", sagt sie. "Es hat mich geärgert, dass das so schnell ging." Deshalb ist sie in das alte Gewerbegebiet am Münchner Ostbahnhof gekommen. Zum "Repair-Café". Repair ist das englische Wort für reparieren. Dort sitzen auf der Terrasse einer Werkstatt Uwe Schrott, Elektriker in Rente, und andere technikbegeisterte Menschen. Einmal im Monat helfen sie Leuten, die etwas zu reparieren haben, aber selbst nicht das Werkzeug dafür besitzen - oder nicht wissen, wie das geht. Die meisten würden ihr kaputtes Gerät dann einfach wegwerfen. Wer das nicht will, kommt ins Repair-Café.

An einem Repair-Café verdient niemand Geld. Es geht bei der Idee darum, dass Leute einander helfen, dass sie Müll vermeiden und Geld sparen. Denn viele Geräte sind gar nicht völlig kaputt, wenn sie nicht mehr funktionieren. Oft hat nur ein kleines Teil den Geist aufgegeben, der Rest ist noch ganz. Nach einer kleinen Reparatur kann man die Zahnbürste, den Toaster oder den Wasserkocher wieder benutzen. Eine ältere Frau hat ihren selbstfahrenden Akkustaubsauger ins Repair-Café mitgebracht. Sie benutzt ihn schon seit 20 Jahren, aber jetzt hat er schlappgemacht. Nach ein paar Tests ist klar: Sie muss nur einen neuen Akku kaufen, dann fährt er wieder eifrig saugend durch ihre Wohnung. Viele Leute kommen auch mit kaputten Kassettenrekordern, weil man die heute nicht mehr nachkaufen kann. Oder sie bringen ihr Fahrrad mit, wenn die Bremsen nicht mehr funktionieren. Die Idee des Repair-Cafés ist noch ziemlich neu. Es gibt sie erst seit etwa sechs Jahren. Aber dass man kaputte Dinge einfach wegschmeißt - das gibt es auch noch nicht so lange.

Bis vor gar nicht langer Zeit haben die Leute vieles selbst repariert. Oder sie haben es zum Händler gebracht, der das für sie erledigte. Warum man das heute nicht mehr tut? Das hat viele Gründe. Manche Geräte sind so billig geworden, dass man sich die Zeit für die Reparatur lieber spart. Deshalb ist das Wissen, das für Reparaturen nötig ist, zum Teil verschwunden. Nur noch wenige Menschen wissen, wie man lötet - also kleine Metallteile miteinander verbindet -, oder verstehen, wie ein Toaster funktioniert. Manche Hersteller machen es den Reparateuren außerdem schwer. Sie verschweißen zum Beispiel die Klappe vor dem Akku, sodass man ihn nicht auswechseln kann und ein neues Gerät kaufen muss. Dadurch werden wichtige Rohstoffe verschwendet. Zum Beispiel besondere Metalle, die in Elektrogeräten verbaut sind. Repair-Cafés helfen, das zu vermeiden. Und sie helfen, wenn man einfach mal wieder Kassetten hören will.

© SZ vom 27.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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