Schön doof:Markus Söder, der Hexer

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Markus Söder hat das Internet aufs Wasser gebracht. Wenn unser Autor ihn nicht schon so lange kennen würde, wäre er ihm fast sympathisch.

Von Roman Deininger

Markus Söder ist der Hexer der deutschen Politik. Er hat das Internet aufs Wasser gebracht, die Griechen gerettet und tausend Selfies geschossen. Wenn Roman Deininger ihn nicht schon so lange kennen würde, wäre er ihm fast sympathisch.

Gerade erreicht uns die Kunde, dass der Ammersee "online geht", also dorthin, wo der Starnberger See schon seit ein paar Wochen ist. Die Gewässer haben sich der Zukunft nicht allein ergeben, Markus Söder hat ihnen gut zugeredet. Söder, CSU, ist Finanzminister in Bayern, Ausflugsschiffe fallen allen Ernstes in seine Zuständigkeit. Und dank seiner Güte werden sie fortan neben anderen Annehmlichkeiten wie Bug und Heck auch Wlan bieten. Söder will den Passagieren so ermöglichen, Grinse-Fotos in Echtzeit ins Netz zu knallen, eine Disziplin, in der er selbst zur Weltspitze gehört.

Flottenadmiral Söder ist zugleich Stratege und Revolverheld. Er ist der Billy the Kid der deutschen Polit-PR, zuständig für Finanzen, Schiffe und alles andere Selfie-taugliche Leben unter der Sonne. Es ist eine einzige Ballerei: Söder lümmelt sich bei Schloss Nymphenburg testweise in eine venezianische Gondel, Söder verspeist mit genussverzerrtem Gesicht seine neue Patenfrucht, die Ananaskirsche. Peng, peng, peng. Man kann gar nicht mehr auf die Straße gehen, ohne Opfer einer Wohltat von Markus Söder zu werden. Man kann nicht mehr fernsehen, ohne dass Söder aus Nürnberg mit ein paar ernsten Worten die Krise in Athen löst. Man kann nicht mal ins Ausland fliehen, ohne vom Kosmopoliten Söder sofort gestellt zu werden. Unlängst hat er in Peking eine Franz-Josef-Strauß-Ausstellung eröffnet. Die Chinesen sollen immer noch ganz ergriffen sein.

Jetzt hat Söder auch noch einen Ex- Bild-Mann als Medienberater. Markus Söder will mehr Medienpräsenz? Das ist, als ob Darth Vader bei McKinsey um Ideen bittet, wie er ein wenig strenger wirken könnte. Oder will der Darth Vader der bayerischen Landespolitik etwa weg von seinem Todesstern-Image? Es ist nämlich so: Fast jeder kennt Söder in Bayern, aber so viele Ananaskirschen kann er gar nicht essen, dass ihn die Leute auch noch mögen würden.

Hier mal ein typischer Söder aus einem ganz alten Reporterblock, circa 2002: Der Landeschef der Jungen Union zu Gast in Ingolstadt, ein Saal voller Parteifreunde. Söder sagt: Schüttet euer Herz aus, Hinweise, Vorschläge, Kritik! Jeden kleinen Zuruf notiert er mit großer Geste auf einem weißen Zettel. Kümmere mich, rede mit dem Edmund, hochinteressant! Irgendwann faltet er den Zettel, reißt ihn sorgsam in zwei Stücke, dann in vier. Die vier Stücke zerrupft er in winzige Fitzel. Als er geht, bleibt auf dem Tisch ein Papierhügelchen zurück.

Aber irgendwie schafft es dieser Söder bis heute, für viele nicht der Mann zu sein, der den Notizzettel zerreißt. Sondern der Mann, der sich alles merken kann. Der eitle Sack, der es doch eher im Kreuz hat als, sagen wir, die nette Parteifreundin Ilse.

Wenn sich also der Rauch der Ballerei eines Tages legt, dürfte Söder KP-Generalsekretär in der Volksrepublik China sein oder eben Ministerpräsident im Freistaat Bayern. Dann wird Markus the Kid erst so richtig aufzünden. Und der Rest Deutschlands wird sich wehmütig fragen, was denn nur aus diesem stillen, bescheidenen, verlässlichen Herrn Seehofer geworden ist.

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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