Liebesgeschichte:Lesbisch? Platonisch!

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Nie verliebt und doch zusammen: Louise von Stein (links) und Antje Ippensen sind seit 16 Jahren ein Paar. (Foto: privat)

Antje Ippensen und Louise von Stein sind seit 16 Jahren ein Paar. Die Frauen lieben einander. Sex haben sie nur außerhalb ihrer Beziehung - mit Männern.

Von Friederike Zoe Grasshoff

Liebe ist: ja was eigentlich? Mann und Frau, Mann und Mann, Frau und Frau, ein Ehebett, zwei Ego-Betten, monogam, polygam, platonisch, getrieben von Anziehung, Kinder-Commitment oder reiner Illusion? Vor Kurzem erreicht die Redaktion eine E-Mail, sie schließt mit den Worten: "Wie wir leben, ist schon speziell. Wenn diese Geschichte Platz hätte (was ich nicht glaube), bin ich bereit, sie zu erzählen." Obwohl es auf dem Feld der Liebe nichts gibt, was es nicht gibt, trifft das Wort "speziell" die Beziehung von Antje Ippensen, 51, und Louise von Stein, 70, doch gut. Die zwei heterosexuellen Frauen, die eine Schriftstellerin, die andere Künstlerin, leben zusammen, seit 16 Jahren, aber sie küssen sich nicht, schlafen nicht miteinander. Doch lieben sie sich, sind sich treu, auf ihre Art. Es ist nicht zu überhören, wie oft Ippensen all das schon erklären, ihre Lebensform definieren musste: "Es ist eine platonische Liebe, keine klassische lesbische Liebe. Es ist . . . eine Seelenverwandtschaft."

Louise und Antje lernten sich in einer Ruine kennen

Spätsommer 2000, Ippensen reist nach Wetzlar, um einen Verleger zu besuchen. Eine verfallene Fabrik, überwachsen mit Gras, der Verleger ein Chaot. Sein Mädchen für alles heißt Louise von Stein, ein Künstlername. Als die beiden sich zum ersten Mal sehen, steht Stein inmitten dieser Ruinen-Romantik, trägt einen weißen Hut. Antje sagt heute: "Sie zu sehen war eine Offenbarung. Es war, als seien alle anderen Menschen schwarz-weiß, nur sie allein besaß Farben. Alle Farben."

Zusammen bereiten sie einen Stand für die Frankfurter Buchmesse vor, lernen sich kennen. Louise, die zwei Kinder hat und insgesamt zwei Mal verheiratet war, steckt gerade in einer Scheidung, in Ippensen sieht sie eine "hochbegabte Frau", die nie genug geschätzt worden sei. Stein ist ein wenig verliebt in den schrulligen Verleger; dem ist das egal, gefangen in seiner intellektuellen Kälte. Also tun sich die Frauen zusammen und wissen noch gar nicht, was sie da tun. Nach ein paar Wochen renovieren sie Ippensens Wohnung, irgendetwas hält sie zusammen. Stein hat zwar zur Sicherheit ihr Wohnmobil dabei, aber sie bleibt. Die beiden eröffnen ein Atelier in Mannheim, reden die Nächte durch, und sind: zusammen. Was nicht alle so gut finden; Ippensens Mutter ist dagegen, befreundete Frauen ebenso, und die Männer, sie verstehen das alles auch nicht so ganz.

Sie waren nie verliebt, es war sofort Liebe

Denn Ippensen und Stein haben keine körperliche Beziehung, die haben sie mit Männern. Sie seien nie wirklich verliebt gewesen, es war sofort Liebe. Und die Männer, das klappt so? Stein sagt: "Ohne Antje geht es nicht. Sie hat mich und meine Affäre schon in den Urlaub begleitet." Ippensen sagt: "So etwas machen wir nur außerhalb, und die andere weiß immer Bescheid. Die Männer, die was dagegen hatten, haben wir rausgeworfen." Und wenn sich doch mal eine verliebt? "Kann passieren", sagt Stein. "Was soll ein Mann schon gegen diese 16 Jahre ausrichten?", sagt Ippensen. Ja, Liebe ist: wohl alles, was es gibt.

Und wie haben Sie sich verliebt?

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(Foto: idpa)

Jedes Paar hat seine Geschichte, ob verheiratet oder nicht, ob hetero- oder homosexuell, jung oder alt. In diesem neuen Format, das von nun zum festen Repertoire des SZ-Panoramas gehört, erzählt das Ressort die Liebesgeschichten der Leser. Ist es nicht wunderbar, sich an das erste Treffen zu erinnern, den ersten Kuss? Schreiben Sie uns eine E-Mail an liebesgeschichte@sz.de, oder per Post an Süddeutsche Zeitung, Panorama, Hultschiner Straße 8, 81677 München. Wir sind gespannt.

© SZ vom 15.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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