Familientrio:Hilfe, meine dreijährige Tochter will unbedingt Nagellack benutzen!

Das Mädchen liebt pinke Kleider und interessiert sich für Kosmetik. Die Mutter will diese Vorlieben nicht unterstützen. Wie reagiert sie richtig? Unsere Erziehungsexperten antworten.

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Teresa R. aus München fragt:

Beautiful girl paints her nails

Quelle: aletia2011 - stock.adobe.com

Wir haben zwei Mädchen (2 und 3 Jahre). Während die Kleine - zu unserer Freude - auf Traktoren und Technik steht, tendiert die Große zu lila und pinken Mädchensachen, und nun will sie auch Nagellack. Mein Mann und ich sind gegen diese rosafarbene Erziehung. Nagellack ist nicht gut für die Nägel, und sie soll nicht zur Diva werden. Aber sie bittet mich immer wieder. Was soll ich tun?

Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

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Kirsten Fuchs

Kirsten Fuchs

Quelle: Stefanie Fiebrig

Mir ist auch unwohl, wenn es bei der Tochter zu rosa und zu eitel wird, aber ich halte mich da bedeckt. Sie soll sich ausprobieren, erfahren können, herausfinden, wer sie ist... Ich sage ihr, dass Mädchen alles können, was Jungs können, und sie soll sich nicht wegen Äußerlichkeiten unsicher machen lassen. Niemand darf sie angreifen, wegen zu dick, zu dünn, zu rosa, zu unrosa. Wie wäre es im Vergleich, wenn ein Junge Nagellack will? Ich kenne einige Eltern, die stolz auf ihre Prinzessinnensöhne sind und sie unterstützen, dasselbe aber bei einem Mädchen nicht tun würden. Ja, das eine ist mutiger als das andere, aber für das Kind ist die Unterstützung der Eltern auch wichtig, wenn es einen unmutigen Weg gehen möchte. Innerhalb Ihrer Familie ist dieser rosa Weg interessanterweise ja sogar mutiger. Warum eigentlich sollen unweibliche Frauen per se besser sein? Das zeigt doch, dass wir Stärke immer noch mit Männern verbinden und ein Mädchen, das sich am Vorbild der Männer orientiert, deshalb als stärker betrachten. Das wertet Frauen ab. Meine Mutter hat immer gesagt, dass sie allen Eltern zwei unterschiedliche Kinder wünscht, damit sie sich in ihren erzieherischen Möglichkeiten nicht überschätzen. Also Glückwunsch zum Traktormädchen und zum Prinzessinmädchen.

Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kinder- und Jugendbücher, außerdem Theaterstücke und Romane. Ihr bekanntestes Buch ist die "Mädchenmeute".

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Jesper Juul

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Quelle: Anne Kring

Sie können sich für die kurze und autoritäre Version entscheiden: "Wir wissen, dass du diese Dinge magst. Du kannst sie gerne benutzen, wenn du größer und alt genug bist. Da du jetzt aber erst drei Jahre alt bist, haben wir beschlossen, dir das nicht zu erlauben." Oder die flexible Version: "Du möchtest diese Dinge haben, die so sehr gegen alles sind, was wir für gut für kleine Kinder halten, darum ist unser erster Impuls, es dir zu verbieten. Bevor wir das aber tun, würden wir trotzdem gerne wissen, warum dir das so wichtig ist."

Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

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Collien Ulmen-Fernandes

Collien Ulmen-Fernandez

Quelle: Anatol Kotte

Ja, stimmt: Im Gewissenskonflikt Nagelgesundheit vs. Lebensfreude Ihres Kindes sollten Sie sich immer für die Nägel entscheiden. Was, wenn Ihre Tochter, mit völlig verkorksten, bunt bemalten Nägeln freudehüpfend genau das tun würde, worauf sie Lust hat? Geht gar nicht. Wir sollten mit einer großflächigen Plakat-Kampagne, bei der zarte Mädchen auf Landmaschinen reiten, endlich dafür sorgen, dass unsere Kinder sich ordnungsgemäß entgendern. Oder ist nicht Ihr persönliches Problem mit Pink und Ihr persönliches Ressentiment gegen Nagellack die eigentliche Schere im Kopf und die einzige eingefärbte Haltung? Woher rührt die Angst vor der Diva? Haben wir nicht viel zu wenig selbstbewusste, eitle, geniale, ihren eigenen Weg stolzierende Diven und viel zu viele angepasste, kompromisslerische Normalos? Mein Tipp: Schicken Sie Ihre Tochter für ein paar Tage zum Erziehungs-Detoxen bei mir. Hier gibt es Pink, so viel sie will, sie kann in hohe Schuhe schlüpfen, mit Nagellack rumschmieren, Prinzessin spielen, solange sie mag, bis sie am Ende des Urlaubs vielleicht sogar eine Sympathie zu Traktoren entwickelt. Warum auch immer.

Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

© SZ vom 30.12.2017/ick
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