Familientrio:Darf ich den Kontakt zum Vater meines Kindes abbrechen?

Eine Mutter lebt vom Vater ihres Sohnes getrennt. Er sagt Besuche einfach ab, meldet sich nicht, vertröstet das Kind. Was tun? Unsere Erziehungsexperten antworten.

Nicole H. aus Hannover fragt:

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(Foto: altanaka / Photocase; altanaka / photocase.de)

Ich lebe von dem Vater meines Sohnes seit einem Jahr getrennt. Er sagt Besuche einfach ab, seit vier Wochen hat er sich gar nicht mehr gemeldet. Ich würde den Kontakt gerne abbrechen, da er sich so unzuverlässig verhält. Darf ich? Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: familientrio@sueddeutsche.de

Kirsten Fuchs

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(Foto: Stefanie Fiebrig)

Ich sag: Ja! Ein Elternteil ist ein Elternteil, aber ein abwesendes Elternteil ohne Interesse ist nicht wirklich ein verlässliches, brauchbares Elternteil. Warum sollen Sie dem Mann hinterherrennen und sich stellvertretend für Ihren Sohn da einen Korb nach dem anderen holen? Es gibt garantiert eine Menge Leute, die gerne mit Ihnen und Ihrem Sohn Kontakt haben. Ohne Vater aufwachsen ist mit toller Mutter ohne Schrammen möglich. Solche Familien gibt es viele, und Sie sind gut so und komplett so, wie Sie sind. Sollte sich Ihr Sohn irgendwann für den Erzeuger interessieren, können Sie immer noch im Namen des Sohnes um Kontakt bitten. Also ich würde dem Sohn nicht einreden, dass der Vater ein Arsch ist und damit zukünftigen Kontakt verbauen. Ein Mensch darf sich ja auch verändern und man kann Menschen immer verzeihen (wenn man kann). Aber wenn jemand keinen Bock auf Sie hat, dann ist das Zeitverschwendung. Machen Sie was Schöneres! Kirsten Fuchs ist Schriftstellerin und lebt mit Tochter, Mann und Hund in Berlin. Sie schreibt vor allem Kinder- und Jugendbücher, außerdem Theaterstücke und Romane. Ihr bekanntestes Buch ist die "Mädchenmeute".

Jesper Juul

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(Foto: Anne Kring)

Bevor Sie irgendeine Entscheidung treffen, schlage ich vor, dass Sie den Vater hiermit konfrontieren: "Es ist schwierig für mich rauszufinden, wie interessiert du daran bist, eine verantwortungsvolle Beziehung zu deinem Sohn aufzubauen. Ich weiß, dass es unserem Sohn genauso geht, darum bitte ich dich, dir darüber klar zu werden, statt mich zu zwingen, das für dich zu entscheiden. Lass mich wissen, wenn du dafür irgendeine Unterstützung von mir brauchst." Auf diese Art appellieren Sie an sein eigenes Verantwortungsgefühl, also an die Frage, welche Art von Vater er eigentlich sein will. Das könnte ihn dazu bewegen, sich seinem Sohn zuzuwenden. Es sei denn natürlich, er sieht sich selbst als Opfer. Stellen wir uns vor, er etabliert keine verantwortungsvolle und aktive Beziehung. Dann kommt sein Sohn in zehn Jahren und fragt: "Warum wolltest du mich nicht sehen und Zeit mit mir verbringen?" Das Opfer wird sagen: "Du weißt schon, wie deine Mutter ist..." Dagegen würde der verantwortungsvolle Vater, selbst wenn er sich jetzt mehr meldet, sagen: "Es war zu kompliziert für mich damals. Ich war zu verstrickt in den Machtkampf mit deiner Mutter und hab mich selbst nur als Verlierer gesehen. Heute bin ich selbstbewusster und würde es gerne noch mal versuchen." Jesper Juul ist Familientherapeut in Dänemark. Er hat zahlreiche Erziehungsratgeber geschrieben, darunter den in 14 Sprachen übersetzten Bestseller "Dein kompetentes Kind".

Collien Ulmen-Fernandes

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(Foto: Anatol Kotte)

Es gibt anscheinend immer noch ein Reservoir dieser Loserväter, wie Sie einen erwischt haben. Sie werden immer in die Leben der coolsten Frauen gespült. Sie lassen sich aushalten, verpissen sich, lassen sich hinterherrennen. Und man fragt sich, warum ihnen nicht im Angesicht eines Sohnes ein Licht aufgeht im trüben Loservater-Köpflein, dass sich ihre traurige Existenz schlagartig aufhellen könnte, wenn sie mal mit dem Sohn Drachen steigen lassen würden. Oder so. Sie merken: Wenn's darum geht, Rachefantasien gegen den Väter zu entwickeln, bin ich sofort mit dabei. Von mir aus dürfen Sie ihn mobben, provozieren, schikanieren, vor allem aber sollten Sie schnell, ganz schnell raus aus der Opferrolle. Aber da, wo Sie das Leben ihres Sohnes entscheidend beeinflussen, sollten Sie sich zurückhalten. Ihrem Sohn sollten Sie trotzdem den Kontakt zu seinem Vater ermöglichen, sofern er das möchte, sollten Sie ihm dasden Kontakt ermöglichen. In dem Fall geht es nicht um Ihre Rolle, sondern um das Grundbedürfnis Ihres Sohnes. Leider kann der Vater sich auf die kindliche Liebe verlassen, und Sie sollten ihm die Minimalchance geben, sie nicht ganz zu verspielen. So wütend mich solche Väter auch machen. Collien Ulmen-Fernandes ist Schauspielerin und Moderatorin. Die Mutter einer Tochter hat mehrfach Texte zum Thema Elternsein veröffentlicht, 2014 erschien von ihr das Buch "Ich bin dann mal Mama".

© SZ vom 30.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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