Erziehungsfragen:Wie lange müssen Eltern "Sag' Danke" sagen?

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"Hast du dich schon für die Geschenke bedankt?" - diese Frage hören nicht nur kleine Kinder. (Foto: dpa)

Muss man seine Kinder, obwohl sie nicht mehr klein sind, ständig daran erinnern, sich bei Oma und Opa für Geld und Geschenke zu bedanken? Drei Experten antworten.

Eine Leserin fragt

Meine Kinder sind keine Kleinkinder mehr, Oma und Opa schicken aber noch Geschenke. Die Kinder freut es, sie fahren auch mal hin, aber sie rufen selten an. Danke sagen ist eher Glückssache. Der Kontakt läuft weitgehend über die Eltern, die sich schämen, dass sie ihnen sagen müssen: Hast du dich bedankt? Hört das nie auf? Oder muss ich irgendwann damit aufhören? Cathrin D., 55, Wien

Drei Experten antworten

Kirsten Boie: Jugendliche haben meistens Wichtigeres im Kopf

Das hängt sicher von der konkreten Familienkonstellation ab. Natürlich möchten Sie, dass Ihre jugendlichen oder erwachsenen Kinder sich anders verhalten - aber wo es nun einmal nicht so ist: Was belastet Sie daran? Dass "man das nun einmal macht"? (Wohl nicht!) Oder schämen Sie sich für Ihre Kinder?

Oder geht es Ihnen um die Großeltern, die sich immer so viel Mühe mit den Kindern gegeben haben und nun keinen Dank dafür ernten? Wie war das Verhältnis in der Kinderzeit, wenn daraus nicht der Wunsch entstanden ist, mehr von den Großeltern zu hören oder sich zu bedanken? Jugendliche haben meistens einfach sehr viel Wichtigeres im Kopf - und Großeltern, die diese Phase ja schon einmal durchlebt haben, wissen das auch.

Leiden die Großeltern auch oder tun das nur Sie? Schenken die Großeltern nicht vielleicht einfach, weil sie den Enkeln eine Freude machen wollen und sind viel gelassener, als Sie glauben?

Wenn es den Großeltern allerdings schlecht gehen sollte, wenn ihr Leben sich eingeengt hat auf die kleine Welt der Familie und es nicht mehr viele andere Anlässe zur Freude für sie gibt: Dann fände ich es angemessen, selbst erwachsenen Kindern öfter mal einen Schubs zu geben!

Jesper Juul: Hören Sie damit auf!

Ja, bitte aufhören! Erklären Sie Ihren Kindern, dass Sie zurücktreten wollen aus der Rolle des Chefdiplomaten. Nach einiger Zeit werden die Kinder selbst die Verantwortung übernehmen.

Es mag überraschend oder auch enttäuschend klingen, aber Verantwortung übernehmen Kinder nie selbst, solange die Eltern sich um all das kümmern.

Wenn Sie es also schaffen, wirklich zurückzutreten, werden Sie auch merken, für wen Sie den ganzen Kram in all den Jahren in Wirklichkeit gemacht haben.

Katia Saalfrank: lieber selbstbestimmt

Der Kontakt zwischen Ihren Eltern und Ihren Kindern klingt Ihrer Beschreibung nach insgesamt nicht sehr selbstverständlich, warm und herzlich. War das schon immer so? Und: Wofür schämen Sie sich denn genau? Dafür, dass Sie den Kontakt zwischen den Generationen übernehmen und Ihre Kinder an eine Karte oder ein Dankestelefonat erinnern müssen? Oder denken Sie, Sie haben Ihre Kinder zu undankbaren Menschen erzogen?

Es gibt aus meiner Sicht zwei Möglichkeiten: Entweder Sie übernehmen weiterhin die Rolle des Vermittlers, die Sie offensichtlich schon lange spielen und zu der auch gehört, dass Sie Erinnerungen an Danksagungen aussprechen. Dann können Sie das bewusst tun und brauchen sich nicht zu schämen. Oder sie positionieren sich neu und ziehen sich aus der Beziehung zwischen Enkel und Großeltern zurück. Die Verantwortung geht damit final an Ihre Kinder.

Wichtig ist, dass Sie diesen Schritt Ihren Kindern auch mitteilen. Und dass Sie es ihnen überlassen, wie sie den Kontakt gestalten. Der mag dann nicht immer so aussehen, wie Sie es sich gewünscht hätten. Aber er ist selbstbestimmt.

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