"Er sagt, sie sagt":Kannst du mich wieder losbinden, bitte?

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Er will schmusen, sie will schlafen. Wenn sie dann ihre Phantasie spielen lässt, ist es auch wieder nicht recht. (Foto: iStock)

Er beschwert sich, dass sie immer müde ist, wenn er Lust hat. Also lässt sie sich etwas besonders Aufregendes einfallen. Ein Beziehungsdrama in Dialogform.

Von Violetta Simon

Es ist früh am Morgen, er öffnet die Augen und linst zu ihr hinüber. Sie schläft tief und fest. Er wanzt sich an sie ran und schiebt seine Hände unter ihre Decke.

Sie ( im Halbschlaf): Nichchchtchrrrr.

Er knabbert an ihrem Ohr.

Sie ( zieht sich das Kissen über den Kopf): Lass mich schlafen.

Er: Immer bist du müde.

Sie: Oh ja. Ich bin so müde, du hast keine Vorstellung.

Er: Früher hattest du mehr Lust.

Sie: Früher hatten wir keine Kinder.

Er: Aber jetzt sind sie nun mal da. Willst du mich die nächsten zehn Jahre vertrösten?

Sie: Momentan will ich nur eines: schlafen.

Er: Schlaf ist total überschätzt. Im Gegensatz zu einem erfüllten Sexleben. Es ist das absolute Allheilmittel für Körper, Geist und Seele. Zum Beispiel kommt dabei der Kreislauf in Schwung und die Durchblutung wird angeregt!

Sie: Keine Chance. Ich hab' nicht mal Puls. Es kann nicht gesund sein, gegen seinen Willen wachgehalten zu werden. Schlafentzug gilt als Foltermethode.

Er: Die Endorphine, die man dabei ausschüttet, machen übrigens gute Laune, die hättest du bitter nötig.

Sie: Wenn ich nicht so müde wäre, wäre ich jetzt beleidigt. Und da wunderst du dich, wenn ich dich abblitzen lasse.

Er: Ach, jetzt liegt es also an mir? Gerade hast du noch behauptet, die Kinder wären der Grund.

Die Türe geht auf, eine Vierjährige und ein Zweijähriger kommen herein und klettern auf das elterliche Bett.

Mädchen: Woran sind wir schuld?

Junge: Ich war's nicht .

Sie ( mit gedämpfter Stimme) : Der Grund ist einfach nur... gääähn ... meine Müdigkeit. Aber heute Abend, da bin ich nicht müde, versprochen.

Er: Na, da bin ich ja gespannt.

Sie: Keine Angst - ich lass' mir was einfallen. Das hält uns garantiert wach.

Mädchen: Was ist heute Abend, gibt es eine Überraschung?

Junge: Ich will mitmachen!

Sie: Nichts da. Ihr geht zu Oma und Opa. So, und jetzt machen wir Frühstück.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was sie sich einfallen lässt ...

Später am Abend, die Kinder sind außer Haus. Er liegt nackt auf dem Bett, im Schein einer Kerze beugt sie sich über ihn.

Er: Bist du sicher, dass das so gehört? Meine Arme sind schon ganz taub.

Sie: Nur Geduld. Ich hab's ja gleich.

Er: Das verdammte Seil scheuert im Schritt, ich spüre meine Beine nicht mehr!

Sie: Wenn du so zappelst, wird es nur schlimmer. Du musst dich entspannen, damit das Seil nicht so straff sitzt.

Er: Wie soll ich mich denn entspannen in dieser verkrümmten Haltung? Guck mal, meine Zehen, sehen die nicht blau aus?

Sie: Das gehört so.

Er: Ich weiß nicht. Ich glaube, ich möchte jetzt lieber losgebunden werden.

Sie: Aber wir haben doch noch gar nicht die Brustklemmen ...

Er: Vergiss es, mir tut auch so schon genug weh. Jetzt mach mich sofort los!

Sie: So ein Mist, ich krieg' den Knoten nicht mehr auf.

Er: Ich dachte, du kennst dich damit aus! Sagtest du nicht, du hättest dich gründlich darauf vorbereitet?

Sie: Na ja, ich hab' da mal so ein Buch gelesen.

Er: Und das sagst du mir JETZT? Nachdem du mich wie eine Wurst verschnürt hast?

Sie: Du musst zugeben, es ist ziemlich dekorativ geworden! Ich sollte vielleicht ein Foto machen.

Er: Untersteh' dich - mach' mich auf der Stelle los!

Sie: Ich versuch's ja, aber der blöde Knoten geht nicht mehr auf. Es macht keinen Sinn, wir holen besser die Feuerwehr.

Er: Bist du verrückt? Nur über meine Leiche! Wenn das die Nachbarn mitkriegen!

Sie: Hast du eine bessere Idee?

Er: Hol das japanische Filetiermesser.

Sie: Bist du sicher?

Er: Hauptsache, es ist endlich vorbei.

Sie: Na gut. Wie du willst. Sie holt ein Messer mit Bambusgriff und langer Klinge. Dann beginnt sie, an dem Knoten herumzusäbeln. Schade um das teure Lederseil.

Er ( lässt das Messer nicht aus den Augen): Sei bloß vorsichtig!

Endlich fällt das Seil auseinander. Er windet sich heraus und reibt sich vor Schmerz stöhnend Arme und Beine. Dann läst er sich aufs Bett fallen, rollt sich ein und deckt sich zu.

Sie (beobachtet ihn schuldbewusst): Ich habe es nur gut gemeint. Ich dachte, du wolltest mal was Aufregendes erleben im Bett. Auch wenn das jetzt vielleicht nicht so gut für deine Durchblutung war ...

Er: Wenn ich es mir recht überlege, will ich eigentlich nur noch schlafen.

Sie: Na also. Ich wusste, du würdest früher oder später vernünftig werden. Los, rutsch!

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