Drogenkonsum in Deutschland:Jedes fünfte Kind lebt mit süchtigen Eltern

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Es sind erschreckende Zahlen, die die Drogen-Beauftragte aus dem Jahresbericht zitiert: 30.000 bis 60.000 Kinder haben drogenabhängige, 2,65 Millionen Mädchen und Jungen alkoholkranke Eltern. Beunruhigend ist auch der Vormarsch von "Designer-Drogen": Es könnte ein neuer Negativ-Rekord an synthetischen Rauschmitteln erreicht werden.

Charlotte Frank

In Deutschland wächst fast jedes fünfte Kind bei drogen- oder alkoholabhängigen Eltern auf. Das geht aus dem Jahresbericht der deutschen und europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht hervor, den Mechthild Dyckmans, die Beauftragte der Bundesregierung, am Dienstag vorgestellt hat. Demnach haben 30.000 bis 60.000 Kinder drogenabhängige Eltern. Rechnet man die Kinder von Alkoholkranken hinzu, kommt der Bericht auf bis zu 2,65 Millionen Mädchen und Jungen, die in suchtbelasteten Familien leben.

Die am häufigsten genutzte Droge ist nach wie vor Cannabis. (Foto: Torsten Leukert/dpa)

"Diese Kinder sind besonders häufig von Armut und sozialer Benachteiligung betroffen", warnte Dyckmans, viele würden schon im Mutterleib geschädigt. Trotzdem erhielten sie "nicht die Unterstützung, die sie benötigten", räumte sie ein.

Drogenkonsum in Haftanstalten besonders problematisch

Hilfe, wenn auch ebenso unkonkrete, versprach die Bundesdrogenbeauftragte auch den Süchtigen in deutschen Gefängnissen. Die Autoren des Berichts zitieren Schätzungen, wonach bis zu 30 Prozent der männlichen und 50 Prozent der weiblichen Gefangenen Drogen konsumieren - und diese Annahmen seien noch "konservativ". So neutral wie möglich kritisieren die Autoren: Das Fehlen bundesweiter Richtlinien - seit 2006 ist der Strafvollzug Ländersache - führe zu deutlichen Unterschieden in der "Art und Verfügbarkeit von Therapieangeboten in den Bundesländern".

Auch Dyckmans sagte, die Versorgungssituation der Suchtkranken in Gefangenschaft sei schlechter als die in Freiheit. Infektionskrankheiten könnten sich dadurch leicht ausbreiten. Sie stehe nun in Kontakt mit dem Strafvollzugsausschuss der Länder, um "die Möglichkeiten der Verbesserung auszuloten und insbesondere mehr schadensminimierende Hilfe anzubieten".

Außerdem vermeldete Dyckmans kleine Erfolge: 2010 ist die Verbreitung illegaler Rauschmittel in Deutschland - wie fast überall in Europa - stabil geblieben. Die am häufigsten genutzte Droge war Cannabis: Fünf Prozent der Zwölf- bis 17-Jährigen haben im vergangenen Jahr Cannabis konsumiert, 2004 waren es unter ihnen noch zehn Prozent. In der Gruppe der 18- bis 25-Jährigen lag der Konsum bei 13 Prozent, er ist damit seit Jahren stabil.

Beim Konsum harter Drogen wie Heroin, Crack und LSD hält seit 2008 ein Rückgang an. Auch gab es 2010 noch einmal weniger Drogentote als im Vorjahr: Ihre Zahl sank um sieben Prozent auf 1237 Opfer. Die meisten starben an einer Überdosis Heroin.

Anlass zur Sorge gibt hingegen die Ausbreitung neuer synthetischer Drogen in Deutschland und Europa: Wurden 2009 noch 24 neue Substanzen entdeckt, waren es im vergangenen Jahr schon 41. In diesem Jahr scheint dieser Wert erneut übertroffen zu werden: Bislang wurden bereits 39 neue synthetische Rauschmittel entdeckt.

© SZ vom 16.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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