Das Schweigen der Gänse:Zum Fressen gern

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500 Tiere werden vor Weihnachten auf dem Geflügelhof Gerlmaier geschlachtet: Dann wird es für die Bauern ruhig - zu ruhig.

Sven Loerzer

Noch schnattern sie, laut, aus vielen Kehlen. Nicht vor Kälte, davor schützen die Daunen. Neugierig blicken die Gänse über den Weidezaun, wachen auf dem Bauernhof darüber, wer sich nähert: Menschen, die sie zum Fressen gern haben, und deshalb ihre Vorbestellung für Weihnachten aufgeben. Die Aufregung ist groß, zischend drängen sich die Gänse zusammen, auch wenn sie nicht wissen, dass die allermeisten von ihnen diesen Montag nicht überleben werden.

Ihre Zukunft ist vorherbestimmt - die Gänse werden als Weihnachtsbraten enden. (Foto: Foto: dpa)

Einigen der ursprünglich 500 Gänse, die im Geflügelhof Gerlmaier in Hartbrunn aufgewachsen sind, ging es schon kurz vor Martini an die Gurgel. Ein paar wenige von ihnen werden gerade noch die Weihnachtsfeiertage überleben. Aber das neue Jahr wird keine mehr erblicken: Sie sind als Braten zu Silvester vorgesehen.

Beunruhigende Stille

Danach herrscht wieder Stille auf dem Gehöft von Martin und Elisabeth Gerlmaier im Landkreis Erding, in Alleinlage mitten auf den Feldern zwischen Pastetten und Forstern. Ja, sagt Elisabeth Gerlmaier mitten auf der Weide mit der noch großen Gänseschar, die Ruhe sei dann schon irgendwie merkwürdig, und die vielen leeren Ställe noch dazu.

Aber im Januar oder Februar schreit dann schon bald wieder der Pfau, der gerade über den Acker vor dem Hof spaziert, und wer das schon mal gehört hat, der weiß, dass der Pfau ein kräftiges Stimmorgan hat. Und im Juli, wenn die Balz der Pfaue und damit auch das Schreien zu Ende ist, dann kommen ja schon wieder die Gössel, die Gänseküken, zwei Wochen alt, aus spezialisierten Brütereibetrieben zur Weidemast nach Hartbrunn.

"Die Weihnachtsgans ist einfach ein Klassiker", nach dem Jahreswechsel aber wolle sie kaum jemand noch haben, sagt Elisabeth Gerlmaier. Sie hat vor 25 Jahren die Gänsezucht von der Schwiegermutter übernommen und erweitert.

Gute Gänse

"Gute Bratengänse" würden jene Vögel, die Silvester überleben, nicht mehr abgeben, "denn Gänse sind sehr frühreif und können im Januar mit dem Eier legen anfangen". Und der Ganter, sagt die Bäuerin, will nur noch begatten, "er frisst nicht mehr und wird dürr". Und überhaupt: Wer wolle im Sommer schon eine Gans essen? Schließlich kaufe doch auch keiner im Winter Grillfleisch.

Fünf bis sechs Monate dauert das Leben einer Bauerngans im Durchschnitt auf dem Geflügelhof Gerlmaier. "In den Großmästereien wird die Gans nicht halb so alt." Elisabeth Gerlmaier dagegen setzt auf artgerechte Haltung: Die Tiere sind den ganzen Tag draußen auf der Weide - nur nachts kommen sie in den Stall, damit nicht der Fuchs aus dem nahen Wald kommt und die Gans holt.

Ausländische Gänse

Weil sie draußen leben, wachsen sie langsamer, setzten weniger Fett und mehr aromatisches Fleisch an, erläutert Elisabeth Gerlmaier - aber eine Diätmahlzeit sind auch Weidegänse nicht. "Ausländische Gänse", tiefgefroren und in diesem Jahr zu absoluten Schleuderpreisen im Handel, würden dagegen allerschnellstens gemästet, bestünden nur aus Fett und Knochen. Sie würden eigentlich zur Feder- und Stopfleberproduktion gehalten, der Braten sei nur ein Abfallprodukt.

Weit verbreitet ist im Ausland noch immer, so berichten Tierschutzorganisationen, das Lebendrupfen, eine brutale Tierquälerei: Bis zu vier Mal im Gänseleben werden den Tieren ohne Betäubung die Federn ausgerissen.

Aber nicht nur aus Tierschutzgründen, sondern weil viele Menschen Produkte aus der eigenen Region bevorzugen, kann der Geflügelhof Gerlmaier gegen die tiefgefrorene Billigkonkurrenz durchaus bestehen. Die Kunden kommen nicht nur aus dem Landkreis, sondern auch Münchner haben den Geflügelhof für sich entdeckt. Die bäuerliche Haltung von Gänsen sei ohnehin stark rückläufig.

Viele Landwirte, die früher häufig eine kleinere Schar Gänse für sich und einige Stammkunden hielten, hätten dies inzwischen aufgegeben. Grund dafür sei wohl vor allem die starke Geräuschkulisse, vermutet Elisabeth Gerlmaier: "Da möchte ich keinen Nachbarn haben, so wie die schreien."

Hofeigene Futtermischung

In der Stadt Gänse zu halten, dürfte damit so gut wie unmöglich sein. Die Bäuerin dagegen hat sich an das laute Geschnatter gewöhnt, "wir hören das gar nicht mehr". Ihre Gänseschar erhält eine Futtermischung aus hofeigenem Getreide, Weizen, Gerste, Mais und Hafer. Ihre Weide halten die Tiere kurz, da braucht es keinen Rasenmäher. Die Gans sei ein reiner Vegetarier und ein sehr robustes Tier, das auch bei Minusgraden draußen bleibt: "Das dichte Gefieder macht sie unempfindlich gegen Regen und Wind."

Am letzten Sonntag vor Weihnachten hat die zwei Tage dauernde Hofschlachtung begonnen - so gibt es keinen Transportstress. Nach dem Betäuben wird die Gans "gestochen zum Ausbluten", dann gebrüht im Wasserbad. Weiter geht es in die Rupfmaschine, die Federn sind Abfall. Dann wartet sie im Hofladen, wo auch Puten, Enten und Hähnchen aus eigener Produktion und Geflügelwürste verkauft werden, auf ihren Käufer. Oder aber sie wird auf einem der nahen Bauernmärkte in der Umgebung von Hartbrunn, in Ebersberg, Isen, Markt Schwaben oder Poing verkauft. Der Preis liegt noch immer erheblich unter zehn Euro je Kilo, "wir können günstiger sein, weil wir Direktvermarkter sind und nur an Endverbraucher verkaufen".

Dass Elisabeth Gerlmaier ihre Gänse gern hat, mag für Vegetarier paradox klingen, aber es ist durchaus spürbar, auch wenn die Tiere natürlich keine Namen bekommen. Unter dem vielen Federvieh, sagt sie, gebe es manchmal Einzeltiere, die etwas besonderes seien, zu denen man ein anderes Verhältnis hat, etwa wegen einer Verletzung, die sie behandelt hat.

Da brauche es dann Überwindung, "aber es kommt die Zeit, wo sie schlachtreif sind, dann sieht man das mit anderen Augen". Allerdings gibt es auch auf dem Geflügelhof gefiederte Freunde, die dieses Schicksal nicht teilen müssen: Ein Seidenhuhn zum Beispiel, der Pfau und einige bunte Enten, "zum Anschauen". Die Gänse dagegen können ihre Hälse am Zaun in die Höhe recken, wie sie wollen, "die kommen alle weg". Noch in dieser Woche werden sie fast alle in die Röhre schauen.

Auf den nächsten Seiten: die besten Gans-Rezepte

Bei vielen Münchnern kommt zu Weihnachten eine Gans in den Ofen und dann auf den Tisch. Die SZ hat Münchner Gastronomen um ihr bestes Gans-Rezept gebeten: Klaus Rehklau vom Hacker-Pschorr Bräuhaus empfiehlt "Rosa gebratene Gänsebrust auf Holundersoße", Robert Innerhofer (Landersdorfer & Innerhofer) "Junge Gans mit Bratapfel" und Sternekoch Andreas Schwaiger (Schwaiger2) "Gans auf Pak Choi und gebackenen Vanille-Grießknödel".

Rosa gebratene Gänsebrust auf Holundersoße mit falscher Prinzregententorte und Wirsingroulade von Klaus Rehklau (Hacker-Pschorr Bräuhaus)

1 Gänsebrust frisch, Butterschmalz

Soße: ausgelöste Knochen der Gänsebrust, 1 Glas Entenfond, 1 EL Madeira, 2EL Holundersirup, Wurzelgemüse, 1/4Liter Rotwein, 1 Msp Tomatenmark

Falsche Prinzregententorte:

Teig: 100g Mehl, 50g Butter, 4 Eier, 1/4 Liter Milch, Prise Salz

Füllung: 300g Egerlinge, 100g Pfifferlinge, 1 EL gehackte Petersilie, 50 g Butter, Salz und Pfeffer

Wirsingroulade: 1 kleiner Wirsing, Apfelblaukraut gefroren

Zubereitung:

Soße: Ganskarkassen und Flügelknochen mit einer Geflügelschere oder einem Hackbeil zerkleinern, auf ein Backblech geben und im vorgeheizten Backofen etwa 20 Minuten knusprig braun braten, ausgetretenes Fett entfernen.

Das Gemüse schälen, in etwa ein Zentimeter große Würfel schneiden und in einer Pfanne im Öl glasig anschwitzen.

Für die Soße in einem Topf bei milder Hitze den Puderzucker hell karamellisieren, das Tomatenmark hineinrühren, etwas anbräunen, mit der Hälfte des Rotweines ablöschen und sämig einköcheln lassen. Den übrigen Rotwein hinzufügen und ebenfalls einköcheln lassen.

Die gebräunten Knochen mit Gemüse und den Entenfond hineinrühren. Gut eine Stunde knapp unter dem Siedepunkt ziehen lassen, durch ein feines Sieb abgießen und auf die Hälfte einköcheln lassen.

Zum Schluss den Holundersirup und den Madeira zugeben, und mit 40 Gramm kalter Butter leicht binden.

Fleisch: Gänsebrust in Butterschmalz von beiden Seiten anbraten. Danach mit Salz und Pfeffer einreiben. Im vorgeheizten Ofen bei Umluft 145 Grad 20 Minuten braten. Aus dem Ofen nehmen und warm stellen.

Falsche Prinzregententorte:

Teig: Alle Zutaten zu einem sämigen Teig aufschlagen. In einer kleinen Pfanne (zirka 20 Zentimeter Durchmesser) die Crêpes ausbacken. Es sollten dabei sechs bis sieben Crêpes entstehen.

Füllung: Egerlinge und Pfifferlinge klein hacken, Schalotten in kleine Würfel schneiden, die Petersilie hacken. Die Pilze in Butter anschwitzen und die Schalotten zugeben. Braten, bis die Flüssigkeit verdunstet ist. Mit Salz und Pfeffer würzen.

Die Crepe abwechselnd mit den Pilzen schichten, beginnend und abschließend mit einem Crepe (zur Vereinfachung einen Tortenring mit 20 Zentimeter Durchmesser verwenden)

Als Garnitur einen geschnitzten Egerling verwenden.

Wirsingroulade: Wirsingblätter einzeln in Salzwasser blanchieren. Danach in Eiswasser legen. Auf einem Tuch die Wirsingblätter trocken tupfen. Auf einem Tuch mit Wirsingblättern ein Rechteck legen. Es sollten keine Zwischenräume entstehen. Das Blaukraut nach Packungsbeilage zubereiten, und auf das Wirsingrechteck streichen. Mit dem Tuch einrollen.

Im vorgeheizten Ofen die Wirsingroulade, die falsche Prinzregententorte und die Gänsebrust bei 160 Grad zirka acht Minuten erhitzen.

Junge Gans mit Bratapfel von Robert Innerhofer (Landersdorfer & Innerhofer)

1 junge Gans 2-3 kg, bratfertig Salz 1 Apfel - am besten Boskop 1 geschälte Zwiebel 0,25 lt Wasser

Bratäpfel: 4 Äpfel, 50 g Butter, 1 EL Preiselbeeren, 30 g Zucker, etwas Zitronensaft, Weißwein 0,5 lt brauner Fond

Die Gans salzen und mit einem halbierten Apfel und der halbierten Zwiebel füllen. Das Wasser in den Bräter geben und die gefüllte Gans hinein geben. Bei 220 Grad ca 1-2 Stunden (je nach Größe) dämpfen. Dabei immer wieder mit Flüssigkeit übergießen. Nach der halben Garzeit Äpfel und Zwiebel aus der Gans nehmen und im Bräter mitschmoren (später für die Fertigstellung der Sauce). Wichtig ist, die Gans ganz weich dämpfen zu lassen, und erst dann für die Farbe die Oberhitze erhöhen. Wenn die Gans schön braun ist, herausnehmen und warm stellen.

Bei den Äpfeln mit einem Ausstecher das Kerngehäuse entfernen. Die Äpfel in eine gebutterte flache Bratpfanne geben, mit den Preiselbeeren füllen und mit Zucker bestreuen. Die Butterflöckchen darauf verteilen und in das auf 260 Grad vorgeheizte Backrohr schieben. Diese hohe Temperatur brauchen Sie um die Äpfel zu braten und nicht zu dämpfen. Kurz vor dem Garende Zitrone und Weisswein dazugeben und so lange im Ofen lassen, bis sich der Saft und der Weißwein zu einer dickflüssigen Sauce entwickelt hat. Beim Servieren über die Äpfel gießen.

Kurz vor dem Servieren den Fond in den Bräter geben, mit dem Bratensatz und dem Apfel-Zwiebel-Gemisch kräftig durchkochen, abpassieren und eventuell entfetten. Die Gans tranchieren und auf vorgewärmten Tellern mit den Beilagen anrichten.

Als Beilagen eignen sich sehr gut Selleriepüree und Blaukraut.

Selleriepüree: 300g geschälter und gewürfelter Sellerie 1 Zwiebel fein gewürfelt Schuss weißen Port ca. 0,5 lt Sahne und etwas Milch Salz und Muskat etwas Butter zum Anschwitzen

Sellerie und Zwiebel in Butter anschwitzen und einen Schuss Port dazugeben. Mit Sahne und Milch auffüllen. Alles kochen, bis es weich ist.

Den gekochten Sellerie in den Thermomix geben und pürieren und je nach Konsistenz von der mitgekochten Sahne dazugeben. Mit Salz, Muskat und brauner Butter abschmecken.

"Gans" anders: ... auf Pak Choi und gebackenen Vanille-Grießknödel für die Gans von Andreas Schwaiger (Schwaiger2)

1 Gans 1 Ananas Extra Sweet ( in 0,5 cm große Würfel) ¼ Bd Koriander 10 BL Thaibasilikum 5 Stck Schalotten ( in feine Würfel ) etwas Salz, Szechuanpfeffer etwas Korianderkörner aus der Mühle 150 g Butter 200 g Perlzwiebeln etwas Zucker 100 g Blutwurst 50 g dunkle Kuvertüre 100 g Brioche ca. 100 ml Geflügelfond 2 EL Reisessig 1 EL Sojasauce dunkel 2 ELHonig 30 g Sesam 1 TLgeröstetes Sesamöl 2 Eier

Die Gans waschen, trockenreiben und mit Salz, Szechuanpfeffer und Koriander aus der Mühle, frischem Koriander und Thaibasilikum von innen kräftig würzen. Mit der Ananas und den Schalottenwürfeln füllen. Den Bräter mit ca. 2 cm heißem Wasser, welches mit dem Reisessig und der Sojasauce abgeschmeckt wird füllen, die Gans mit der Brust nach unten hineinlegen und bei 180 Grad im Ofen garen. Die Gans nach einer Stunde umdrehen, das Gänsefett abschöpfen. Wasser nachfüllen und die Gans mit dem Fett alle 15 Minuten, weitere 2 Stunden übergießen.

Die Butter in einem Topf erhitzen und den Zucker leicht karamellisieren lassen, geschälte Perlzwiebeln zugeben und mitablöschen. Blutwurst Kuvertüre, Brioche und die Eier zugeben. Mit Salz abschmecken. Die Gans, 30 Min. bevor sie fertig ist füllen und beim Servieren mitanrichten. 20 Min. bevor die Gans fertig ist, mit dem Honig und dem Sesam einpinseln.

Knödel: 500 ml Milch 125 Butter 1 Stck Tahiti-Vanilleschote etwas Salz 175 g Hartweizengrieß 2 Eier

Die Milch mit der Vanilleschote, Salz und Butter einmal aufkochen. Den Grieß unterrühren, einrieseln lassen und abbrennen. Kurz auskühlen lassen, die Eier einrühren und 2 Stunden ruhen lassen. Die Vanilleschote herausnehmen und die Knödel mit 2 cm Durchmesser abdrehen und bei 160 °C in Fett ausbacken.

Pak Choi-Gemüse: 4 Stück Pak Choi 50 g Butter 3 Schalotten (in feinen Würfeln) etwas Geflügelfond, Salz 1 Tomate, ohne Kerne in Würfel

Pak Choi waschen, den letzten Zentimeter abschneiden und die Blätter halbieren. Die Schalotten in der Butter leicht braun andünsten und die Pak Choiblätter zugeben. Mit dem Geflügelfond ablöschen und einreduzieren. Mit Salz abschmecken und die Tomatenwürfel zugeben.

© SZ vom 22.12.2009/dog - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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