"Ziemlich beste Freunde" im Ersten:Monsieur Philippe und sein Chauffeur

Upper-Class trifft auf Banlieu: Die Sozial-Komödie "Ziemlich beste Freunde" erzählt die Geschichte des reichen aber querschnittsgelähmten Philippe und seinem Pfleger, dem Senegalesen Driss.

Fritz Göttler

Diese Rezension wurde erstmals zum deutschen Kinostart von "Ziemlich beste Freunde", im Januar 2012 veröffentlicht.

Themendienst Kino: Ziemlich beste Freunde

"Ziemlich beste Freunde" ist eine französische Ehrensache geworden, die nicht nur die amerikanischen Mega-Produktionen an der Kinokasse  abgehängt hat. Im Dezember hat Sarkozy das Team zum Dinner geladen.

(Foto: dapd)

Ein Film, der sich an eine bewährte Formel hält - Kino, das sei, ausgelassene, verrückte Jungs verrückte Sachen machen zu lassen. Auf den Quais von Paris zum Beispiel, nachts, im Maserati ein Wettrennen mit einem Polizeiwagen provozieren. Und, wenn der sich dann doch als der Schnellere erweist, gleich den nächsten Coup dranhängen - wetten, dass die uns nun gleich ins nächste Hospital eskortieren werden! In der Tat, das tut die Polizei, weil der eine von den beiden Rasern sehr überzeugend auf krank macht.

Überzeugend ist Philippe, weil er vom Hals abwärts völlig gelähmt ist und in einer Depression. Er ist immerhin reich und wohnt in einem feudalen Haus und hat einen Hofstaat mit einigen patenten Frauen um sich. Ein Sportunfall hat ihn gelähmt, beim Drachenfliegen. Nolens volens ist der junge Driss sein Pfleger - und Chauffeur - geworden, bei einer seiner Touren ins Arbeitsamt. Ein Einwandererkid aus der Banlieue, Probleme mit der Familie, eben aus dem Knast entlassen.

Er freut sich mächtig über den neuen Luxus, aber er ist genervt von den permanenten Anforderungen des Jobs. Sein Umgang mit dem Kranken ist herzlich und robust, wie es sich für eine echte Komödie gehört, neugierig gießt er Philippe kochend heißen Kaffee auf die unempfindlichen Beine - das haben manche Kritiker schon als sadistisch empfunden. In Variety war auch zu lesen, dass der Film von Eric Tolédano und Olivier Nakache rassistisch sei, in der Onkel-Toms-Hütte-Tradition - der weiße Master im Rollstuhl und der fröhliche Naturbursche, der bei einer Soiree statt Vivaldi einen Boogie loslässt.

Beinahtragische Fallhöhe fehlt

"Ziemlich beste Freunde" (im Original: "Intouchables") ist eine französische Ehrensache geworden, er hat im vorigen Herbst - eine ziemlich wirbelige Zeit für die große Nation - die amerikanischen Mega-Produktionen abgehängt an der Kinokasse und mit über zwanzig Millionen Besuchern auch die "Sch'tis" überrundet. Im Dezember hat dann sogar Sarkozy das Team zu sich zum Dinner geladen . . .

François Cluzet ist großartig als Philippe, unpathetisch und würdevoll, bis er seiner Depression verfällt, Omar Sy macht es sich aber ziemlich leicht mit seinen Lektionen in Lebenslust, einem Katalog des Draufgängertums. Am Ende fehlt dann die richtige beinahtragische Fallhöhe, ohne die eine Komödie nicht funktionieren kann, das heißt, "Intouchables" funktioniert als Metapher, aber nicht voll als Film.

INTOUCHABLES, F 2011- Regie, Buch: Olivier Nakache, Eric Toledano. Kamera: Mathieu Vadepied. Schnitt: Dorian Rigal-Ansous. Mit: François Cluzet, Omar Sy, Audrey Fleurot, Joséphine de Meaux, Clotilde Mollet, Anne Le Nyi. Senator, 110 Minuten.

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