ZDF: Nachtschicht:Hör zu, du Piepmatz!

Lesezeit: 1 min

Eine Polizistin, die Angst hat, zwei Verbrecher, die wie Hape Kerkeling aussehen und ein souveräner Montagskrimi im ZDF: "Wir sind die Polizei".

Else Buschheuer

Der Film beginnt cool wie ein Werbespot. Ein hübscher Typ, ein lässiger Autoklau, schicke Musik - der Mercedes wird zum Polizeiauto umgespritzt. Autodieb und Automechaniker ziehen Uniformen an - fertig ist die falsche Streife. Wenig später finden die Kommissare Brenner (Barbara Auer) und Erichsen (Armin Rohde) ein Krokodil im Schlafzimmer einer Sozialwohnung. Soweit ist alles ganz harmlos.

Hape Kerkeling in brutal: Freddy (Roeland Wiesnekker, r.) und Axelrod (Oliver Stokowski) überfallen einen Juwelier. (Foto: Foto: ZDF)

Es geht um Pfennigbeträge: ein illegaler Privatzoo, eine Gaunerei mit Platzpatronen. Doch dann kommt es dick. Zwei Gangster, die beide aussehen wie Hape Kerkeling als Königin Beatrix - mit Perücke und High Heels in Größe 45 -, überfallen einen Juwelier. Dass diese Verkleidung nicht klamottig gerät, ist Autor und Regisseur Lars Becker zu verdanken. Wir sind nicht in Manche mögen's heiß und nicht im Doppelten Lottchen, eher im "Doppelten Mordchen" - hier ist es wirklich gefährlich.

Die Gangster sacken Diamanten im Wert von 25 Millionen Euro ein. Schneeweißchen und Rosenrot, zwei Verkäuferinnen, werden vorsorglich gekidnappt. Wann er Alarm geben darf, fragt der dandyhafte Ladenbesitzer (Wilfried Hocholdinger). "Hör zu, du Piepmatz", brüllt einer der Gangster, "das ist hier 'ne Geiselnahme!"

Bei dem Choleriker handelt es sich um einen Kleinkriminellen namens Freddy Kunkel. Einer, der Freddy Kunkel heißt, fliegt früher oder später auf. Einer, der so heißt, schlägt nach Feierabend seine Frau. Dass Frau Kunkel von Cosma Shiva Hagen gespielt wird, ist für den Film ein Glücksfall. Hagen spielt die misshandelte Ehefrau, die jede mittelmäßige Schauspielerin verhuscht und ängstlich angelegt hätte, mit einer lasziven zynischen Verschiebung - das muss man sich erst mal trauen.

Dem Team des Hamburger Kriminaldauerdienstes merkt man an, dass es schon in sechs Fällen zusammengewachsen ist. Die drei gehen unangestrengt miteinander um. Dass Rohde und Auer souveräne Schauspieler sind, ist bekannt, wer aber Minh-Khai Phan-Thi nur für einen Multikulti-Tupfer hält, irrt. Der 35-Jährigen gelingt in einer Szene, in der sie den Verbrecher laufen lässt, weil sie Angst um ihren Kollegen Erichsen hat, ein kinoreifer Moment der Zerbrechlichkeit. Das wollen wir eben auch mal im TV sehen - eine Polizistin, die die Waffe sinken lässt und sagt: "Ich hatte Angst."

Nachtschicht - "Wir sind die Polizei", ZDF, 20.15 Uhr.

© SZ vom 18.1.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: