Serienheld Alexander Skarsgard:Erprobt als Sahneschnitte

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"Mindestens einmal musst du gegen Außerirdische in die Schlacht ziehen." Serienheld Alexander Skarsgård weiß, wie man in Hollywood Karriere macht. Derzeit kämpft das Ex-Model auf dem "Battleship" gegen Aliens. Hauptdarstellerin Rihanna lockert ihn dabei auf.

Roland Huschke

Stellan Skarsgård ist Schwedens bekanntester Schauspieler ("Breaking the Waves" von Lars von Trier) - und durchaus berüchtigt für seinen rauen Humor. Fragt man ihn in seinem Heimatort Stockholm etwa, wie er den internationalen Siegeszug des ältesten Sohnes Alexander einschätzt, wird der Altstar ganz still. Ein schmallippiges Lächeln, leuchtende Augen, vielleicht Vaterstolz. Bis er plötzlich sagt: "Wissen Sie, das mit dem Sex-Appeal funktioniert bei mir schon mal nicht. Ich habe Alexander als Baby nackt gesehen und kenne die Größe seines Penis - nicht sehr beeindruckend."

Alexander Skarsgård im Hollywood-Spektakel "Battleship". "Es ist ziemlich überwältigend. Dies ist ganz klar der größte Film meiner Karriere." (Foto: Universal Studios)

Zigtausend Kilometer weiter steht Skarsgård Junior in Pearl Harbor an Deck der U.S.S. Missouri und macht nicht den Eindruck, als ob sein Selbstbewusstsein durch Witze in Gefahr zu bringen wäre. Der Schauspieler bleibt unbeweglich, während am Set des Hollywood-Spektakels "Battleship" Kommandos gebrüllt und Lichtkräne justiert werden.

Assistenten zupfen an der blütenweißen Uniform, pudern scharfe Konturen und rücken die verspiegelte Pilotenbrille zurecht. Alexander Skarsgård, 35, gähnt. Sicher, als Fixstern der Fernsehserie "True Blood" und ehemaliges Model ist er das alles längst gewohnt. Das Gewese um seine Person, die begehrlichen Blicke von Fans, die Inszenierung seiner Attraktivität. Und viele gibt es nicht, die auch im Village-People-Kostüm als Seemann noch Coolness atmen.

Doch man merkt Skarsgård auch an, wie sehr er sich seiner äußeren Wirkung bewusst ist, wenn er immer wieder in erprobte Posen verfällt. Beispielsweise hat der Schwede Schwierigkeiten, in Gesprächen seinen Kopf gerade zu halten. Ähnlich wie George Clooney zu Zeiten von "Emergency Room" legt er den Kopf gern zur Seite und schaut dabei so treuherzig drein, dass es bald als Masche nervt. Nur gut, dass irgendwann Hauptdarstellerin Rihanna vorbeikommt und den kühlen Kollegen an die Wand flirtet. Skarsgård grinst verlegen. Und man hat an diesem Tag zum ersten Mal das Gefühl, den echten Mann und nicht das "Best of" seiner Manierismen zu erleben.

Es ist ziemlich überwältigend", erklärt Skarsgård in einer Drehpause, "zum ersten Mal Teil eines solchen Zirkus zu sein, denn 'Battleship' ist ganz klar der größte Film meiner Karriere. Hauptsächlich bemühe ich mich darum, nicht im Weg herumzustehen und die Abläufe der Produktionsmaschine zu studieren. Den Rest der Zeit bekämpfe ich dann Aliens. Auch eine wichtige Erfahrung. Im modernen Hollywood musst du ja mindestens einmal gegen Außerirdische in die Schlacht ziehen, sonst bekommst du in guten Restaurants keinen Tisch."

Zukunftshoffnung der Branche

Schon klar, "Battleship" ist nicht Shakespeare. Unter den Kollegen befinden sich neben Popsirene Rihanna noch ein Bikinimodell des Jahres und ein Football-Quarterback. Und Alexander Skarsgård hat im TV-Mehrteiler "Generation Kill" zu komplex und kaputt einen Soldaten in Irak gespielt, als dass er sich von der Show auf der U.S.S. Missouri ablenken ließe. Doch als strategisches Produkt, das den Markt genau bedient und bei uns trotz verheerender Kritiken Platz eins der Filmcharts erreichte, ist "Battleship" eine interessante Entscheidung. Zumal Skarsgård zweifellos schon im Pool der anspruchsvolleren Rollen fischen konnte.

Seit dem großen Erfolg der Fernsehserie "True Blood", die überall auf der Welt läuft, nur nicht im frei empfangbaren deutschen Fernsehen, gilt Skarsgård als eine Zukunftshoffnung der Branche. Seinen mal grausamen, mal schmeichlerischen Vampir Eric Northman spielt er mit so viel Spaß an Vorspiel und Verführung, dass es einem kalt den Rücken runterläuft.

Unentwegt erfinden die "True Blood"-Macher vage Gründe, um Northman zum Ablegen seiner Bekleidung zu zwingen. Doch die Kunst von Skarsgårds Spiel liegt dann gerade darin, den Exhibitionismus eines eitlen Blutsaugers vergessen zu lassen, der sich von Sklaven die Strähnchen färben lässt. Sein Eric Northman war im Laufe von drei Staffeln "True Blood" wütendes Monster und wimmerndes Kind, bebender Lover und gebrochenes Opfer.

"Eine Traumrolle, mit deren Entwicklung die Autoren ständig Risiken eingehen und mir erst zu glänzen erlauben", weiß Skarsgård, dem es bei Geldstrafe verboten ist, sich zu neuen Episoden von "True Blood" zu äußern. Dabei ist er sich auch der Einschränkung bewusst, zwei Drittel des Jahres an einen festen Arbeitgeber gebunden zu sein. "Es ist ein Luxusproblem, aber mitten in einer laufenden Serie hast du nur in den Ferien den einen Schuss, um auch im Kino einen Treffer zu landen."

Kein Experte kann in dieser Phase sagen, ob Skarsgård dauerhaft das Potential zum Filmstar hat. Zu oft steckt Hollywood junge Talente in den Verwertungsapparat aus Hauptrollen, Magazintiteln und Talkshowauftritten, bevor sich der Fahrstuhl zum Ruhm als Paternoster herausstellt. Getestet werden einstweilen weniger schauspielerische Muskeln als die Flexibilität des Publikums. Werden weibliche "True Blood"-Fans ihrem Idol auch in ein Sci-Fi-Scharmützel folgen, oder erschließt sich der große Blonde gar die zahlungskräftige Zielgruppe der jungen Männer?

"Es wäre gelogen", sagt Skarsgård, "nach fünfzehn Jahren des Wartens auf große Chancen so zu tun, als wollte ich nun nicht auch im Kino meinen Platz finden. Und, ganz ehrlich, ich weiß selbst nicht, wo der sein könnte. Ich suche noch. Dazu gehört, sich nach dem Ausprobieren von den Ergebnissen überraschen zu lassen." Anders als sein Vater, der seit den Neunzigern wie kein anderer Europäer zwischen nationalem und internationalem Kino pendelt, hat Alexander Skarsgård Los Angeles als Wohnsitz gewählt.

Mit Anfang zwanzig verließ er Schweden - "nicht um dem Schatten des Vaters zu entfliehen, sondern weil mir das heimische Rollenangebot zu eingeschränkt erscheint." Ansonsten wird er eher einsilbig, wenn es um den Einfluss Stellan Skarsgårds geht. Natürlich tausche man sich aus, und es sei ein Traum für beide, auch mal ein paar Szenen zu teilen wie in Lars von Triers "Melancholia".

Sein Vater hält ihn für ein "Matinee-Idol"

Doch vergleichen könne man die Karrieren der beiden unmöglich, wie der Vater in Stockholm genauer erklärt. "Er würde es nicht gern hören, doch Alexander hat fast Pech damit, so attraktiv und noch dazu so groß zu sein, weil er nur schwer im Hintergrund verschwinden kann. Es ist schwieriger, Charaktere zu spielen, wenn man die Wirkung eines Matinee-Idols besitzt."

Allzu besorgt klingt der schrullige Chef des Skarsgård-Clans indes nicht. Bill Skarsgård, ein weiterer Sohn, hat gerade eine schöne Rolle neben Keira Knightley in "Anna Karenina" bekommen. Von einer schwedischen Invasion sprechen die Zeitungen bereits, weil das kleine Land auch mit Noomi Rapace ("Verblendung") oder Joel Kinnaman (der neue "Robocop") zur Exportnation für schauspielerische Spitzengüter avanciert.

Alexander Skarsgård, von allen am längsten an der amerikanischen Front, schlendert derweil wieder zum Bug der U.S.S. Missouri, um seinen Teil zur filmischen Fototapete "Battleship" beizutragen. Kaum beginnt eine Stylistin seine Frisur zu ordnen, schaltet auch sein Gesicht wieder auf blank. Nicht leicht, immer Sahneschnitte zu sein.

Aber da muss der junge Schwede jetzt erst mal durch.

© SZ vom 18.04.2012/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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