TV-Kritik: Plasberg persönlich:Zart aber herzlich

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Frank Plasberg will in seiner neuen Talkrunde persönlich werden. Leider fehlt der Sendung das, was der Moderator am besten kann: Eine ordentliche Diskussion.

Lilith Volkert

Frank Plasberg ist der "Anti-Christiansen" der Moderation: In seiner politischen Talkshow "Hart aber fair" fühlt er seit sieben Jahren Politikern und anderen Machtmenschen auf den Zahn. In seiner Hartnäckigkeit unterscheidet er sich deutlich von der ehemaligen Talk-Queen Sabine Christiansen, so dass er 2007 fast ihr Nachfolger als Sonntagabend-Talker wurde.

Frank Plasberg will "persönlich" werden - in seiner neuen Sendung ging er allerdings gerade bei interessanten Punkten zu wenig in die Tiefe. (Foto: Foto: dpa)

Aber ist Plasberg auch ein "Anti-Kerner"? Was soll man davon halten, dass der 51-Jährige jetzt auch auf "leise Themen" macht und einen "einfühlsamen Talk für interessante Menschen und ihre Geschichten" ankündigt?

Am Freitagabend lief im WDR die erste Sendung von "Plasberg persönlich". Auch wenn der Titel Schlimmeres erwarten ließ: Statt übertriebener Anteilnahme und plakativer Betroffenheit zeigte Plasberg auch bei sensiblen Themen Humor und verzichtete nicht auf das gewohnt schnelle Nachhaken.

Sessel statt Pult

Unter dem Thema "Gefangen im Doppelleben" hatte Plasberg ein interessantes Kuriositätenkabinett zusammengestellt und in das Studio geladen, in dem sonst Harald Schmidt und Oliver Pocher kalauern: einen Hochstapler, eine Zwangsadoptierte, einen Ex-Agenten, einen Sohn des polygamen Fliegers Charles Lindberg, eine ehemalige Prostituierte sowie einen Professor mit Nebenberuf Chansonsänger.

Und weil man sich zum entspannten Plaudern hinsetzen muss, steht Frank Plasberg nicht hinter seinem Pult, sondern hatte sich einen Sessel zu den sechs Gästen ins Halbrund gerückt.

Mit "Plasberg persönlich" holt der Westdeutsche Rundfunk seinen Vorzeigemoderator zurück ins eigene Programm. Sechs Jahre lang hatte Plasberg im WDR den Polit-Talk "Hart aber fair" moderiert, seit Oktober 2007 läuft die Sendung im Ersten.

Der Unterschied zwischen der Politik- und der Peoplesendung wurde schnell deutlich: In seiner neuen Sendung muss Frank Plasberg nicht phrasendreschende Politiker und wortgewandte Interessensvertreter unterbrechen und an die gestellte Frage erinnern. Er soll Menschen zum Reden bringen, die Publikum und Kamera ihre persönliche - oft schmerzhafte - Geschichte erzählen sollen.

Bei seinem ersten Gast fällt ihm das nicht schwer. Jürgen Harksen, ein vollschlanker Mann mit Dreitagebart, saß wegen Hochstapelei sechs Jahre lang im Gefängnis. Als falscher Anlageberater hatte er seinen Kunden Flüge zum Mond angeboten und bei Vermögensgeschäften mit bis zu 9000 Prozent Gewinn gelockt. Locker und unterhaltsam plaudert er über die blinde Gier seiner Kunden, die Bekanntschaft mit Phil Collins und das Verhältnis zu seinen Söhnen.

So viel zu erfahren

Bei Dyrk Hesshaimer, einem adrett gekleideten, weißhaarigen Mann, der bedächtig formuliert, gelingt es Plasberg schon weniger, seinen Gast einfach erzählen zu lassen. Ein wenig ungeduldig fragt er ab, wie die Kindheit mit einem Vater war, der nur drei Mal im Jahr bei der Familie in Geretsried vorbeikam, und wie der Sohn herausfand, dass dieser Vater die Fliegerlegende Charles Lindberg war.

Gerade als der 50-Jährige in Schwung kommt und erzählt, dass Lindbergh nicht nur mit Hesshaimers Mutter Kinder hatte, sondern auch mit deren Schwester, wechselt Plasberg schnell zum nächsten Gast. Die vorgesehene Viertelstunde ist vorbei.

Denn es gibt ja noch so viel zu erfahren: Karin Behr wurde als Vierjährige in der DDR von Mutter und Bruder getrennt und später zwangsadoptiert. Wie war das bei der Adoptivfamilie? Wann hat sie die Mutter wieder gesehen? Ist sie wütend über die verpfuschte Kindheit?

Und schon ist Eberhard Fätkenheuer an der Reihe: Der DDR-Bürger spionierte für die Amerikaner, weihte irgendwann aus Bequemlichkeit seine Frau ein - und verriet sie, als er von der Staatssicherheit erwischt wurde, was er sich bis heute nicht verziehen hat. Nun darf Frank Plasberg endlich einen kleinen Film einspielen, der zeigt, wie Fätkenheuer 1985 gegen ostdeutsche Agenten ausgetauscht wurde.

Der einzige in der Runde, der sich sein Doppelleben selbst ausgesucht hat und damit rundum zufrieden wirkt, ist Jens Förster, seines Zeichens Psychologieprofessor und schwuler Chansonsänger. Er fungiert in der Sendung auch als Experte und wird zwischendurch zu allerlei psychologischen Themen befragt.

Mathematische Fangfragen

So erfährt der Zuschauer, dass schlecht angezogene Menschen - wie einst der Hochstapler Jürgen Harksen - in gewissen Situationen glaubwürdiger, weil weniger durchtrieben wirken. Und dass es für das Gehirn Stress bedeutet, ständig ein Geheimnis zu hüten - so ähnlich, wie angestrengt nicht an rosa Elefanten zu denken.

Das ist alles nett anzuhören, bekommt aber nur in den Momenten richtig Schwung, in denen Moderator und Gäste nicht nur erzählen, sondern miteinander diskutieren: Wenn Plasberg etwa gegen Ende der Sendung die ehemalige Prostituierte und Buchautorin Sonia Rossi ("Fucking Berlin") fragt, ob es glaubwürdig ist, für einen offeneren Umgang mit Prostitution zu kämpfen, dann aber mit Perücke und Sonnenbrille getarnt in seiner Sendung zu sitzen.

Rossi weicht geschickt aus, kommt aber ins Stottern, als Ex-Agent Fätkenheuer der Mathematikstudentin mathematische Fangfragen stellt und augenzwinkernd versucht, sie als Lügnerin zu enttarnen.

Frank Plasberg scheint sich wohl gefühlt zu haben zwischen seinen Gästen. Vielleicht liegt das auch daran, dass er selbst ab sofort ein Doppelleben führt. Ob er es schafft, sich nicht zwischen den Betätigungsfeldern "Politik" und "People" zerreißen zu lassen, werden die nächsten Sendungen von "Plasberg persönlich", einmal im Monat freitags um 21.45 Uhr, zeigen.

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