Tiergeschichten:Lobo, der Wolfskönig

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William Grill zeichnet die Story der "Wölfe von Currumpaw". Aufgeschrieben wurde sie vom Umweltaktivisten Ernest Thompson Seton.

Von Harald Eggebrecht

(Foto: Verlag)

Über Wölfe wird wieder heiß diskutiert, seit sich nach dem Mauerfall 1989 auch diesseits von Oder und Neiße diese in Deutschland so gut wie ausgerotteten Raubtiere erneut blicken lassen und inzwischen sogar in Rudeln leben. Jedes gerissene Schaf ruft allerdings alte Hassreaktionen bei Hirten und Besitzern hervor, Ängste, dass Wölfe Menschen anfallen könnten, werden geschürt. Doch auch die Faszination lebt: an ihrer Ausdauer, Jagdintelligenz und ihrem sozialen Leben.

William Grill erzählt in "Die Wölfe von Currumpaw" eine Geschichte, in der sich das Feindbild vom bösen Wolf in eines verwandelt, das dem wilden Tier gerecht werden will. Ernest Thompson Seton (1860 - 1946), einer der ersten Wildlife-Erkunder und Schriftsteller von Tiergeschichten, außerdem Mitbegründer der amerikanischen Pfadfinderbewegung, erlebt seine eigene Verwandlung in der Begegnung mit Wolfskönig Lobo. Der passionierte Jäger und Fallensteller wird durch die exemplarische Erfahrung mit Lobo zum Mann, der ökologische Zusammenhänge zu verstehen beginnt und daher für den Schutz der Grauwölfe eintritt, weil sie in der Nahrungskette der Natur eine wesentliche Rolle spielen.

Seton hatte die Erzählung über Lobo aufgeschrieben, nachdem er diesen fabelhaft listigen, allen Fallen entkommenden, ja, sie sogar aufdeckenden Wolf in New Mexico nach vielen vergeblichen Versuchen doch zur Strecke brachte. Doch zuvor hat er Blanca, die hübsche weiße Wölfin und Lobos Liebe, gefangen. Der Wolfskönig wird im Kummer und auf der Suche nach Blanca unvorsichtig und schließlich wird er erwischt. Seton tötet ihn nicht, sondern nimmt ihn mit. Lobo aber stirbt an gebrochenem Herzen. Tatsächlich hat Seton danach nie wieder einen Wolf gejagt.

Grill gelingt es in seinen Bildern, nicht nur die Weiten New Mexicos und das Cowboyleben einfach, prägnant und anschaulich zu zeichnen, sondern auch die Wölfe und ihr Treiben leichthändig einzufangen. Wieder, wie schon im Buch über den Polarforscher Shackleton und seine Expedition, schafft er Bilder mit kleinteilig schildernden Serien, etwa wie Lobo und sein Rudel ein Kalb reißen oder wenn Seton nach langem Warten und Suchen plötzlich neben Lobos Fährte die von Blanca entdeckt. Jener Hauch menschelnder Sentimentalität, der in Setons Originaltext mitschwingt, bleibt in Grills knappen Zeichnungen wohltuend gebannt. Doch die so heroische wie traurige Geschichte des Wolfskönigs Lobo berührt allemal. (ab 13 Jahre)

William Grill: Die Wölfe von Currumpaw. Aus dem Englischen von Harald Stadler. NordSüd Verlag, Zürich 2017. 80 Seiten, 20 Euro.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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