"Silver Linings" im Kino:Zappeln im Gewitter

Kinostarts - 'Silver Linings Playbook'

Der Eagle ist gelandet ... Bradley Cooper ist zum Abendessen bei Freunden eingeladen und kreiert neue sportlich-ritterliche Fashion, den Football-Look. Auch Jennifer Lawrence ist schwer beeindruckt: Das ist der Mann!

(Foto: dpa)

Wenn Feelgoodfilme funktionieren sollen, muss das reine Chaos regieren - so auch in David O. Russells "Silver Linings". Die Komödie mit Bradley Cooper, Robert De Niro und Jennifer Lawrence entwickelt Wahnsinnsenergie und hinterlässt beim Zuschauer glückliche Erschöpfung.

Von Fritz Göttler

Amerikanische Energie, amerikanischer Wahnwitz: Hinaus in den Sturm, einen Papierdrachen zappeln lassen mitten im Gewitter. Einen Blitz einschlagen lassen in den Drachen und die Elektrizität zur Erde leiten . . . Robert De Niro kommt in diesem Film mit einem Lobpreis an auf solches amerikanisches Urgestein - Benjamin Franklin, einer der Gründerväter von Amerika, begeisterter Erforscher der Natur und der Gesellschaft, Erfinder des Blitzableiters. Ostküsten-Madness. "He stood in the storm with a kite."

Wie amerikanischer Wahnwitz sich entwickelt und zum Ausbruch kommt und wie produktiv er ist für die amerikanische Gesellschaft, das erforscht David O. Russell in "Silver Linings Playbook". Mit Ein- und mit Aufdringlichkeiten aller Art ist der Film gespickt. Ein Sohn - Bradley Cooper - dringt nachts ins Schlafzimmer der Eltern ein - De Niro ist der Vater - ,er hat gerade "A Farewell to Arms" fertiggelesen. Das Ende sei unmöglich, klagt er laut, dieses wundervolle Liebespaar, er überlebt an der italienischen Front, sie fliehen in die Schweiz, sie ist schwanger, sie gehen in die Berge, trinken Wein und tanzen, sind glücklich . . . Und dann versaut Hemingway es, kann nicht positiv sein, sie stirbt. Bradley Cooper ist Pat Solatano, er weiß, was negatives Denken, negatives Fühlen ist. Nach acht Monaten ist er wieder raus aus der Anstalt in Baltimore, zurück im Elternhaus in Philadelphia. Er hat einen Mann halb tot geschlagen, in der Dusche. War in sein Haus heimgekommen, früher als sonst, seine Frau Nikki war mit unter der Dusche. Nun ist das Haus verkauft, die Frau hat per Gerichtsbeschluss festgelegt, dass er sich fernhalten muss von ihr. Und doch will er sich wieder arrangieren mit ihr. Happy End muss sein.

David O. Russell ist Capra bipolar. Man hat seine dysfunktionalen Familien lieben gelernt in "Three Kings", mit Clooney und Wahlberg, oder "The Fighter" mit Wahlberg und Bale und Melissa Leo. In Feelgoodfilmen, wenn sie funktionieren sollen, muss das reine Chaos regieren. "Silver Linings Playbook" spielt 2008, in dem Jahr hat es eine ereignisreiche Footballsaison gegeben für die Philadelphia Eagles - Pats Vater ist der absolute Fan, er hat Stadionverbot, wegen Prügeleien - und die Banken begannen zu krachen. Pat Sr. hat seinen Job verloren, er wettet nun, und denkt daran, ein Restaurant zu eröffnen. Der Sohn soll ihm ein wenig behilflich sein, seine positive Ausstrahlung, sein Ju-Ju, wird Spielverläufe, da ist Pat Sr. ganz sicher, entscheidend beeinflussen. Es ist unfasslich, welche Verrücktheiten in dieser spießigen, aufgeräumten Welt zu Hause sind. Alles hausgemacht, die crabby cakes und die Neurosen. David O. Russell liebt die Familienfilme von Scorsese und Coppola, der Atmosphäre, der Stimmungen wegen.

Aufrappeln, schnell reagieren und kräftig austeilen

Dem Film werden mittlerweile gute Oscar-Chancen prophezeit, schon Russells "Fighter" war siebenfach nominiert und hatte Oscars für Leo und Bale gebracht. Man ist erschöpft am Ende der "Silver Linings", eine glückliche Erschöpfung. Bradley Cooper und Jennifer Lawrence - die Tiffany spielt, das Mädchen, das ihm in den Weg läuft - bringen ihre Energien zum Einsatz, die man aus den "Hangover"-Klamotten und dem ersten Teil der "Hunger Games" kennt. Überlebensfilme - sich sofort wieder aufzurappeln vom Boden, in unerwarteten Situationen schnell reagieren, immer kräftig austeilen, vor allem verbal, nie aufhören zu sprechen.

Man kennt das von amerikanischen Komikern, Laurel und Hardy, die Stooges, Jerry Lewis - auch vom jungen De Niro, als er der Taxi Driver oder der Godfather war oder Rupert Pupkin, der Stand-up-Comedian, der es Jerry nachmachen will. Excelsior ist Pats Motto, er wird seine ganze Negativität nehmen und Treibstoff daraus machen, seine Silberstreifen finden am Horizont. Tiffany lässt ihre Sätze knallen wie Peitschenhiebe. "I'm just the crazy slut with the dead husband", sagt sie zu Pat, sie hat ihren Mann eben verloren und schläft aus Verzweiflung mit allen, die sie kriegen kann.

Sie sind unaufhörlich in Bewegung, Pat und Tiffany, sie joggen und stalken einander, und ihre Unruhe überträgt sich voll auf die Kamera. Tiffany kriegt Pat dran, als sie ihm verspricht, einen Brief von ihm Nikki zu überbringen. Dafür muss er mit ihr eine Tanznummer einstudieren für einen Wettbewerb im Benjamin Franklin Hotel. Sie sind ganz konzentriert in ihren Bewegungen, und ganz kindisch. Wenn Bradley Coopers Augen starr werden, weiß man, nun ist er bereit sich auf Terrain zu begeben, wo er noch nie gewesen ist. Für ein Abendessen zieht er sich ganz besonders an, ein Eagles-Shirt, Nr. 10, DeSean Jackson, vom Psychiater euphorisch gebilligt. Bei dem Essen sieht Pat dann Tiffany. Coup de foudre. Ein Blitzschlag.

Silver Linings Playbook, USA 2012 - Regie, Buch: David O. Russell. Nach dem Roman von Matthew Quick. Kamera: Masanobu Takayanagi. Musik: Danny Elfman. Mit: Bradley Cooper, Jennifer Lawrence, Robert De Niro, Jacki Weaver, Chris Tucker, Anupam Kher, John Ortiz. Senator, 122 Minuten.

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