Seiler & Speer:Von Geburt an lässig

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Sie sind nicht gerne weg von zu Hause: Christopher Seiler (links) und Bernhard Speer. (Foto: Tom Zonyga)

Seinen Hit "Ham kummst" spielt das österreichische Duo immer noch. Dass es mittlerweile ein zweites Album gibt, kann man bei ihrem Auftritt auf Tollwood hören

Interview von Michael Zirnstein

Er will wieder "ham", sagt Christopher Seiler. Er hasst Promotion-Termine, sagt er. Statt zusammen mit dem Kollegen Bernhard Speer in der Turnhalle der Basketballer des FC Bayern als Pausenclown aufzutreten und Interviews zu geben, möchte er zurück nach Wien. Aber der Überraschungs-Hit"Ham kummst" des Comedy-Pop-Duos Seiler & Speer war mit seinem "Tatütata Tatütata" ein Selbstläufer in den Bierzelten, das teilweise ernstere Nachfolge-Album "Und weida?" und die zugehörige Tournee in die großen Hallen müssen beworben werden.

SZ: Beim Heimatsound-Festivals in Oberammergau haben Sie "Ham kummst!" so angekündigt: "Wollt ihr's überhaupt noch hören?" Gegenfrage: Wollen Sie's überhaupt noch spielen?

Christopher Seiler: Spielen geht immer. Gehört haben wir's eh nie. Aber schau, die Nummer ist drei Jahre alt. Du kannst doch nicht dauernd nur ein Lied spielen. Gott sei Dank haben wir das eh nicht gemacht. Wir haben mehrere Lieder, und die Leute kennen seltsamerweise alle.

Bernhard Speer: Einige Radiosender in Österreich haben es übertrieben. Und da gibt es schon treue Hörer dieser Stationen, die sich dann aufregen und sagen: "Den Scheiß können wir nicht mehr hören." Aber da können wir nichts dafür.

In München wird sich die Geschichte erzählt, Markus Sporrer von Club2-Konzerte hätte Seiler & Speer für die Riesenhalle Zenith gebucht hat, als Sie in Deutschland noch gar keinen Hit hatten. Haben Sie sich da gedacht: Oje, hoffentlich hat der sich nicht verhoben.

Seiler: Wir haben gar nichts gedacht. Der hat ja gebucht. Und wir haben zu der Zeit in Österreich schon 10 000er-Hallen gemacht.

Speer: Ich habe das ehrlich gesagt auch nicht verfolgt vorher. Aber ich war dann schon ziemlich überrascht, wie wir im Zenith gestanden sind. Das ist richtig fett. Und das war nicht mal die fetteste Halle, da war zum Beispiel eine Eishockey-Halle in Regensburg. Und dann hat's auf einmal überall geheißen: ausverkauft.

Sie haben sich zunächst sicher hinter der Kamera bewegt, mit der Internet-Comedy-Serie "Horwatslos". War Ihnen bange, als Sie auf einmal vor so vielen Menschen Musik machen sollten?

Seiler: Nein.

Wo kommt Ihr Selbstbewusstsein her?

Speer: Wir sind schon öfters vor Seiler und Speer auf Bühnen gestanden. Mit anderen Ensembles.

Seiler: Gut, vor 110 000 Leuten haben wir nicht täglich gespielt. Es ist aber viel schlimmer, wenn wir jetzt in dieser Basketball-Arena spielen. Weil da kommt ja heute keiner wegen uns. Ich hab echt nichts gegen den FC Bayern München, aber ich hab auch nichts gegen Daham. Ich bin nicht gern von zu Hause weg, außer auf den Malediven oder so was, das lasse ich mir einreden.

Früher wurde das Verhältnis zwischen Deutschen und Österreichern in Serien wie "Die Piefke-Saga" karikiert. Der Nachbarschaftsstreit hat sich zumindest in München in eine Art Austro-Fetischismus für jegliches Kulturgut von dort verwandelt. Eine einseitige Liebe?

Seiler: Österreich ist nicht so groß, der Musikmarkt ist dementsprechend klein. Das heißt, die Musikindustrie hat hier kein großes Standing, daher klingt bei uns vieles ehrlicher und nicht nach 08/15-Popmaschinerie wie am deutschen Markt. Der ganze neue deutsche Pop ist Stangenware, die ganzen Floskeln, die da rausgedroschen werden, immer weichgespült, nie eine Meinung haben. Und wir haben halt eine Meinung, wenn was nicht leiwand ist, dann sagen wir das. Deswegen wird bei Euch alles gefeiert, was von uns kommt.

Ist "Horwartslos" durch die Musik mittlerweile auch in Deutschland populärer geworden?

Seiler: In Bayern war das schon immer populär, ein großer Markt für die DVDs. Es ist halt sehr brachial, unser Witz.

Genau das schätzen viele Deutschen am österreichischen Humor der wilden Filmemacher wie Harald Sicheritz oder Michael Glawogger. Gibt es etwas aus Deutschland, dass Sie inspiriert?

Speer: Ich bin Gerhard-Polt-Fan. Und auch der Grünwald taugt mir. Auch die Monika Gruber. Da könnte ich einikippen. Vollgas.

Als Sie den Amadeus Award bekommen haben, mit wem sind Sie nach der Gala abgehangen?

Speer: Wir sind noch mit Wanda bis 6 Uhr in einer Bar hocken geblieben. Und ich habe mich noch mit den Julian LePlay unterhalten, auch ein Supertyp. Turbobier sind auch eine super Partie.

Der Sohn von Wolfgang Ambros spielt Schlagzeug bei Ihnen. Wie findet sein Vater das?

Speer: Der findet das sehr großartig, was wir machen, sagt er auch oft. Wir haben auch gespielt mit ihm. Wir haben viel Kontakt.

Angeblich haben Sie das zweite Album professioneller angepackt. Wie äußert sich das?

Speer: Wir haben es mit Band eingespielt. Beim ersten Album war die Herangehensweise kabarettistischer, jetzt ging's mehr um die Musik.

Diesmal sind auch ernste Stücke drauf wie die Kummernummer "Der letzte Schluck". Warum singen Sie da die Hauptstimme, Herr Speer.

Speer: Ja, das war mir ein Anliegen, das ist meine eigene Geschichte, aber von der anderen Seite. In Echt bin ich nicht das Opfer wie in dem Lied, nicht der, der dahockt und raunzt. Ich bin eigentlich die Drecksau, die sich geschlichen hat.

Wie lernt man österreichische Lässigkeit?

Seiler: Kann man nicht lernen, bekommt man in die Wiege gelegt. Es ist auch nicht gekünstelt. Das haben wir Österreicher halt voraus. Dafür haben wir vieles nicht voraus. Wir sind kein Wirtschaftswunderland. Wir sind dauernd am raunzen. Wir sind grantig.

Speer: Aber wir zeigen's, dass wir grantig sind.

Das tun die Münchner aber auch.

Speer: Das wollte ich eh sagen, von wegen "Piefke": Das Wort fällt mir bei den Münchnern eh nicht ein, das ist schon eher weiter rauf.

Seiler & Speer , Donnerstag, 22. Juni, 19 Uhr, Tollwood

© SZ vom 22.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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