Auktion der Rockefeller-Sammlung:646 Millionen Dollar am ersten Tag

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Das Kunstwerk "Odaliske mit Magnolien" von Henri Matisse brachte 80,75 Millionen Dollar. (Foto: AP)

Das Auktionshaus Christie's versteigert Stücke aus dem Nachlass von Peggy und David Rockefeller. Obwohl bei der "Auktion des Jahrhunderts" etliche Rekorde gebrochen werden, bleibt der Abend auf eigentümliche Weise fad.

Von Christian Zaschke, New York

Von der "Auktion des Jahrhunderts" hatte die Zeitschrift Vanity Fair geschrieben, also fanden sich am Dienstagabend im Auktionshaus Christie's in New York einige wenige hundert Menschen ein. Draußen, vor dem Rockefeller Center in Manhattan, in dem sich das amerikanische Hauptquartier von Christie's befindet, parkten ein paar schwarze Limousinen, deren Chauffeure sichtlich gelangweilt im New Yorker Frühling herumstanden. Drinnen sammelten sich derweil die geladenen Gäste, allesamt handverlesen. Unter diesen wiederum gab es wichtige und wirklich wichtige. Die Unterscheidung war simpel: Wer einfach nur wichtig war, musste im Auktionssaal stehen.

1600 Stücke aus dem Nachlass von Peggy und David Rockefeller versteigert Christie's in dieser Woche in mehreren Auktionen, die Erlöse kommen Museen, Stiftungen, Thinktanks und wohltätigen Organisation zugute. An diesem Dienstagabend standen zum Beginn der Auktionen lediglich 44 Objekte zum Verkauf, doch diese waren erlesen: Es handelte sich um Gemälde von Picasso, Seurat, Monet, Matisse, Manet und Gauguin. Um nur einige zu nennen.

Man hoffe, insgesamt rund 500 Millionen Dollar für gute Zwecke einzunehmen, hatten sie bei Christie's vor Beginn der Auktionen gesagt, was in der Branche mit leichtem Amüsement aufgenommen wurde. Der Tenor in der Fachwelt: Das Auktionshaus versuche, die Erwartungen klein zu halten, um anschließend sagen zu können, wie viel mehr man erlöst habe. Nun hat allein dieser erste Dienstagabend 646 Millionen Dollar gebracht. Etliche Rekorde wurden gebrochen, und dennoch war der Abend auf eigentümliche Weise fad.

Zugegeben, vielleicht nicht wirklich fad, weil es faszinierende Werke waren, die versteigert wurden: die "Odaliske mit Magnolien" von Henri Matisse (brachte 80,75 Millionen Dollar), "Die Reede von Grandcamp" von Georges Seurat (brachte 34 Millionen Dollar) oder Pablo Picassos "Junges Mädchen mit Blumenkorb", das für 115 Millionen Dollar verkauft wurde. Gerade auf diesen Picasso hatte das Publikum gewartet, es wurde eine Bieterschlacht erwartet. Aber das Bild war nach wenigen Minuten verkauft, und dass es länger als zwei Minuten dauerte, lag auch nur daran, dass Auktionator Jussi Pylkkänen wirklich alles versuchte, noch hier oder da eine Million aus den Bietern herauszukitzeln.

Gebote von Menschen, die anonym per Telefon zugeschaltet waren

Was das Geschehen so fad machte, war die Tatsache, dass die Bieter für die teuren Bilder weder zu den wichtigen noch zu den wirklich wichtigen Gästen dieses Abends gehörten. Denn die Bieter waren mit Mitarbeitern von Christie's per Telefon verbunden, und die Mitarbeiter gaben die Gebote ab. Das ist bei großen Auktionen so üblich, aber man hätte vielleicht erwarten können, dass bei der "Auktion des Jahrhunderts" in einer Stadt wie New York ein paar dieser solventen Sammler tatsächlich im Saal sitzen. Dem war nicht so.

Auktionator Pylkkänen nahm Gebote von Menschen entgegen, die anonym per Telefon zugeschaltet waren. Und so sehr er versuchte, den Saal mit Leben zu füllen: Es gelang ihm nicht. Aus dem Publikum gab es hin und wieder ein Gebot, was Pylkkänen jedes Mal zu der Aussage veranlasste, "ein alter Freund" habe gerade geboten, aber tatsächlich war die so genannte "Auktion des Jahrhunderts" ein Wettstreit zwischen anonymen und mutmaßlich sehr reichen Menschen, die irgendwo in der Welt am Ende einer Telefonleitung saßen. Es muss auch den vermeintlich wichtigsten Menschen im Raum irgendwann aufgegangen sein, dass sie hier nur Staffage waren. Wer wirklich, wirklich wichtig ist in der Welt der Sammler, war bei dieser Auktion dabei, ließ sich jedoch nicht blicken.

Christie's kann das gleichgültig sein. 646 Millionen Dollar für 44 Stücke sind ein schöner Erfolg. Und dass bei der Versteigerung der übrigen Rockefeller-Kollektion in dieser Woche noch ein paar hundert Millionen Dollar dazukommen, dürfte außer Frage stehen. Vermutlich wird die Agentur Bloomberg recht behalten, die geschätzt hatte, Christie's werde mit der Sammlung gut eine Milliarde Dollar erlösen.

Versteigert werden in dieser Woche nicht nur Gemälde, sondern auch vergleichsweise günstige Stücke, darunter 67 Essgeschirre der Rockefellers, alle benutzt. Nicht ganz billig, aber besonders schön ist das Service namens "Marly Rouge", das im frühen 19. Jahrhundert für Napoleon angefertigt wurde. Als er ins Exil nach Elba musste, nahm er es mit. Für rund eine Viertelmillion Dollar könnte es zu haben sein.

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