Regensburg:Zukunftsinvestition

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Das Ostentorkino erneuert sein Programm

Von Udo Watter, Regensburg

Das Präludium war ganz im Sinne des Hauses und seines cineastischen Publikums. Bevor das eigentliche "Lichtfest in Ton und Vision" zur Wiedereröffnung des Regensburger Ostentorkinos startete, liefen auf der Leinwand zur Einstimmung Ausschnitte aus Klassikern von Hitchcock und Chaplin. Ein Gespräch zwischen Neo und Morpheus, den Protagonisten aus "Matrix", mündete dramaturgisch geschickt in eine aufwühlend-dystopische Szene aus dem gut 70 Jahre früher gedrehten Stummfilm-Epos "Metropolis": Die Maschinen stampfen, der Moloch verschluckt seine Opfer. Wer wollte, konnte darin sogar symbolische Querverbindungen sehen.

Zwar ist Regensburg mit seinen 140 000 Einwohnern keine alles verschlingende Riesenstadt, aber kontroverse Entwicklungen der Urbanisierung machen auch vor einem Ort mit Weltkulturerbe-Status nicht Halt. Das denkmalgeschützte Ostentor-Areal mitsamt dem 1971 eröffneten Programmkino, der dazugehörigen Kinokneipe und dem Restaurant Chaplin jedenfalls drohte eine Zeitlang ein Opfer dessen zu werden, was Freunde der Subkultur gemeinhin als Gentrifizierung bekämpfen. Angesichts des Auslaufens eines Pachtvertrags mit einer lokalen Brauerei Ende 2015 waren bereits 2013 Gerüchte aufgekommen, die Eigentümer des Areals wollten aus dem Gebäudekomplex eine Event-Location machen. Letztlich freilich hatte der lange Kampf der Ostentor-Freunde Erfolg - unter anderem wurde eine Internet-Petition initiiert, die rund 14 000 Menschen signierten, und Regensburger Bands setzten sich mit einer Benefiz-CD ("Beat the Reaper") für den Erhalt der Kinokneipe ein. Seit Beginn des Jahres läuft nun ein neuer, auf fünf Jahre dotierter, Pachtvertrag.

Die neuen Pächter Medard Kammermeier, Hans Geldhäuser und Martin Haygis luden nun zu einer Art Wiedereröffnungsfeier nach einer kurzen Renovierungspause ein - Foyer und Boden wurden erneuert, sowie eine Bühne eingebaut. Es ging vor allem darum, die konzeptionelle Neuausrichtung vorzustellen und einen exemplarischen Querschnitt diverser Kleinkunstformate zu zeigen, die im Ostentorkino zusätzlich zum anspruchsvollen Filmprogramm das Angebot bereichern sollen. Livemusik mit den Diamond Dogs oder Röder & Degowski, ein Video mit Littarist & Baendit, Visuals, eine kurze Lesung mit Paul-Philipp Hanske über Erotik in der Antike ("Tiberius' fickende Zunge") oder die Vorstellung der im Ostentorkino beheimateten Filmfestivals - Internationale Kurzfilmwoche Regensburg, Heimspiel und Hard:Line - unterstrichen die Bandbreite an kulturellen Potenzial, das hier schlummert.

Besonders auch die gezeigten Kurzfilmbeiträge entfalteten ein subkulturelles Fluidum jenseits dieser Art von Beliebigkeit, gegen die sich Kammermeier und seine Mitstreiter abgrenzen wollen. Zudem soll es künftig noch Filmgespräche, Vorträge und Schulkino geben. Ein Regensburger Grafikdesign-Büro hat überdies eine Kulturförder-Aktie gestaltet, mit deren Erwerb - Mindestbetrag 20 Euro - man das Ostentorkino unterstützen kann. "Man bekommt keinen materiellen, aber einen ideellen Gegenwert", erklärte Moderator Christian Sailer vom Ostentor-Team. Als Cineast kann man freilich zur Unterstützung auch einfach regelmäßig ins Kino gehen.

© SZ vom 01.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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