Pop:Preis für Bono

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Rapper Travis Scott kam auf einem etwas sperrigen Flugdrachen doch bestens zur Geltung. (Foto: Reuters)

Die MTV Europe Music Awards wurden vergeben. Viele der Superstars ließen sich allerdings auf der Gala gar nicht erst blicken. Das anwesende Publikum bekam glatte Pop-Variationen und den üblichen Akt der Preisvergabe serviert.

Von Volker Bernhard

Dass die MTV Europe Music Awards noch existieren, ist jedes Jahr aufs Neue überraschend. In Deutschland ist die Marke MTV seit der Wandlung zu einem Pay-TV-Sender im Jahre 2011 marginalisiert, einzig "MTV Unplugged" und die Award-Formate wecken nostalgische Erinnerungen an frühere Sternstunden. MTV - schon im Klang dieses Akronyms lag einst die Kraft, eine riesige Imaginationswelt auferstehen zu lassen. Schließlich setzte der erste und global bedeutendste Musikfernsehsender einst Standards bei der audiovisuellen Vermarktung von Musik. Was mit der Verbreitung der Kunstform Musikvideo begann, entwickelte sich zu einem kaugummibunten, aseptisch durchprofessionalisierten Kanal für die Jugend. Formate wie "South Park" oder "Jackass" hatten zwar wenig mit Musik, doch viel mit Lifestyle und Provokation zu tun.

Viele der Superstars ließen sich allerdings auf der Gala gar nicht erst blicken

Diesem Motto bleiben die Award-Formate aus dem Hause MTV in der Regel treu, um wenigstens etwas Tempo in die sonst weitgehend ritualisierte und blutleere Selbstbeweihräucherungs-PR zu bringen: Da kifft Miley Cyrus schon mal auf der Bühne, um ihr Skandal-Image zu pflegen, und Kanye West unterbricht Taylor Swifts Dankesrede, um sich für Beyoncé als Preisträgerin stark zu machen. Die diesjährige Ausgabe der EMAs aus London hatten von alldem nichts zu bieten, diverse Stars ließen sich gar nicht erst blicken. Die Favoritin Taylor Swift ging ebenso leer aus wie Ariana Grande oder Miley Cyrus. Stattdessen gewann der kanadische Popsänger Shawn Mendes in seiner Rolle als perfekter Schwiegersohn in drei Kategorien und performte seinen Hit "There's Nothing Holding Me Back".

Der Rapper Travis Scott sang "Butterfly Effect" auf dem Rücken eines schwebenden Adlers, die Moderatorin Rita Ora wechselte standesgemäß 13 mal ihr Outfit. Kendrick Lamar gewann mit "HUMBLE" den Award für das beste Video, sein Dank erfolgte per Videobotschaft, die ja schon fast obligatorisch bei internationalen Award-Verleihungen ist. Alles wie gehabt also: glatte Pop-Variationen in hochprofessioneller Inszenierung, dazu der ewig wiederkehrende Akt der Preisvergabe mit Reden voller Dankbarkeit. Eröffnet wurde der Abend jedoch besonders: Eminem präsentierte nach längerer Pause seine neue Single "Walk on Water" und wurde als "bester Hip-Hop-Künstler" geehrt. Ach ja: U2 gewannen den "Global Icon Award". Erstaunlich, denn deren Sänger Bono hat sein ikonologisches Repertoire seit der durch die Paradise Papers aufgedeckten Steuertricks bereits aufgebraucht.

© SZ vom 14.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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