Pop:Elvis-Dokumentation

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Elvis Presley liegt begraben unter Klischees. Jetzt aber gibt es eine hervorragend recherchierte HBO-Doku, die zeigt, was für ein großartiger Sänger der Mann war. Allein schon die Version von "Suspicious Minds" lohnt die drei Stunden.

Von Maximilian Fellmann

Elvis Presley, oje. Man vergisst ja immer viel zu leicht, wie großartig der Mann eigentlich war. Bevor er seine eigene Karikatur wurde. Bevor er starb und die Welt beschloss, ihn für alle Zeiten als Klischee in Erinnerung zu behalten, als ewige Faschingswiedervorlage. Dabei gibt es in seinem Leben, in seiner Musik so viel zu entdecken, wenn man mal kurz die Anklebekoteletten zur Seite legt. Am 21. April läuft beim amerikanischen Sender HBO die Dokumentation "Elvis Presley: The Searcher" (mit Anmeldung auf der Website des Senders auch online verfügbar). Eine unglaubliche Fleißarbeit, drei Stunden Material, neue Interviews mit Priscilla Presley, Gitarrist Scotty Moore und vielen anderen, Lob und Preis von Bruce Springsteen und Tom Petty. Ein ganzes Leben, gründlich erzählt und aufgeschlüsselt und voll rührender Momente (der späte, aufgeschwemmte Elvis, der schwitzend nuschelt: "Wissen Sie, ein Image ist eine Sache, ein Mensch etwas anderes..."). Das Wertvollste aber sind die Fundstücke am Rande, die Raritäten aus den Studio-Archiven. Bei manchen dieser Aufnahmen ist es, als hätte jemand dem Abziehbild Elvis die Sonnenbrille und den Las-Vegas-Anzug vom Leib radiert. Allein die reduzierte Version von "Suspicious Minds" verdient fast einen Gottesdienst ( auch online zu finden, Stichworte: elvis searcher suspicious minds). Sie ist der radikale Gegenentwurf zur Hit-Version, die bis heute Lautsprecher auf der ganzen Welt vollkleistert: keine klebrigen Streicher, keine honigtriefenden Chöre, einfach nur diese Stimme, diese unvergleichliche Stimme, die ja - auch wenn seine Berater und Produzenten das nicht wahrhaben wollten - in ihrer ganzen Kraft am stärksten wirkt, wenn eben nicht drum herum jede Menge heiliger Bimbam veranstaltet wird. "Suspicious Minds (take 6)" also: im Hintergrund nur ein zurückhaltendes Pop-Quartett, eine gospel-warme Orgel - und plötzlich steht Elvis mitten im Wohnzimmer. Er singt, gefühlvoll, inbrünstig, seine Stimme darf den Raum fast allein füllen. Und es ist, als würde man diesem Elvis Presley zum allerersten Mal begegnen. Am liebsten möchte man ihm sagen, schön, dass Sie da sind. Und bitte, singen Sie einfach weiter, immer weiter, so lang Sie wollen.

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