Pop:Arme in die Luft!

Revellers dance as they listen to Charli XCX perform on the Other Stage at Worthy Farm in Somerset during the Glastonbury Festival

Musikfans tanzen auf dem Glastonbury Festival in Großbritannien.

(Foto: REUTERS)

Der legendäre Hamburger DJ und Produzent Boris Dlugosch hat uns eine Sommerplaylist für das heiße Wochenende geschickt. Mit dabei: kalifornischer Funk, Elektro und zuckriger French-Pop.

Von Jan Kedves

Der neueste Hit des Hamburger DJs und Produzenten Boris Dlugosch heißt "Traveller". Der Track beginnt ganz simpel, schwingt sich dann aber über sieben Minuten zu einem raffiniert geschichteten Glocken-Drama auf und lässt bei den Festivals des Sommers die Arme gen Himmel fliegen.

Das Stück stammt von der "Traveller EP", die Dlugosch gemeinsam mit seinem Studiopartner Cassara auf dem angesagten Label Running Back veröffentlicht hat. Auf ihr findet sich auch "Front Traktor", eine Reminiszenz an jenen Ort, an dem für Dlugosch 1984 alles anfing. Damals, er war 16 und eigentlich noch Heavy-Metal-Fan, schmuggelte er sich in den Hamburger Schwulenclub Front. Der war legendär dafür, dass dort die besten Import-Platten aus Chicago liefen, "House-Music" war noch gar kein Begriff.

Im Front zeigte 1988 der Künstler Wolfgang Tillmans eine seiner ersten Ausstellungen, auch die SZ-Kolumnistin Carolin Emcke feierte gerne dort. Sie beschrieb den Club, von dessen imposanter Neon-Blitzlicht-Anlage manche heute noch schwärmen und der 1997 geschlossen wurde, als "fast extraterritorial. Der erste Ort, wo ich mich sofort richtig fühlte".

Ohne selbst schwul zu sein, wurde Dlugosch 1986 DJ des Front und brachte die Menge gerne dadurch zum Rasen, dass er nur das Tuckern und Röhren eines anfahrenden Traktors durch die quadrophonische Anlage schickte und minutenlang kreisen ließ: "Front Traktor".

In den Neunzigern wurde aus der DJ- dann eine Produzenten-Karriere. Diven des R&B wie Mary J. Blige, Aaliyah oder Mariah Carey bestellten Remixe bei ihm, auch Jamiroquai und Daft Punk wurden Kunden. Der größte Dlugosch-Hit war bislang der Remix des Moloko-Songs "Sing It Back" von 1999, den die meisten gar nicht als Remix wahrnehmen, weil sie nur diese Version kennen. Im Original hatte der Song fast keine Beats. Dlugosch unterlegte das Stück mit House-Bass und der funky Stakkato-Gitarre à la Chic, wie sie dann im Radio und in den Charts zu hören waren.

Für uns hat Boris Dlugosch eine Sommer-Playlist zusammengestellt. Ohne Traktor, dafür mit seinen Lieblings-Klassikern von The Clash, Bananarama, Wham! und Paul McCartneys Wings. Dazu schwerer kalifornischer Funk, ein bisschen Elektro und zuckriger French-Pop. Auch "Traveller" ist dabei. (Link zur Playlist)

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: