Oper:Auf dem Sprung zur Weltkarriere

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Der Südtiroler Bariton Andrè Schuen singt in "Così fan tutte" eine seiner Paradepartien

Von Klaus Kalchschmid

Andrè Schuen ist amüsiert, dass man sich zum Gespräch im Tambosi trifft, trägt doch das berühmte Café vor der Feldherrnhalle den selben Namen wie der Regisseur, der gerade mit dem jungen Bassbariton aus Südtirol in den Endproben zu Mozarts "Così fan tutte" steckt. Und gleich feixt er weiter: "Also das mit dem Bassbariton liest meine Agentin sicher nicht gerne. Aber man hat mir tatsächlich schon oft den Leporello angeboten - vor allem in Italien. Ich habe bisher immer abgelehnt, wie auch den Colline in ,La Bohème', denn das ist nun wirklich ein richtiger Bass und das bin ich nicht, auch wenn ich es gerne wäre."

Warum er den Leporello bislang (noch) nicht singen will, weiß Andrè Schuen selbst nicht so genau, aber wer als attraktiver, charmanter, charismatischer junger Sänger von keinem Geringeren als dem Dirigenten Nikolaus Harnoncourt als Don Giovanni, Figaro und Guglielmo besetzt wird, der möchte das natürlich erst einmal auskosten. Auch wenn ein berühmter Bassbariton - Bryn Terfel - für den Südtiroler letztlich den Ausschlag gab, selbst Sänger zu werden. Die Arbeit mit Harnoncourt war für Schuen, prägend, "weil er so offen war und so intensiv an den Rezitativen mit uns gearbeitet hat, an jeder Phrase und an jedem Wort. Aber immer blieb alles sehr spontan." Im Gegensatz zu Renè Jacobs, mit dem er den "Barbiere" von Paisiello in Wien gemacht hat und der alles genau festgelegt hat in den Proben. "Trotzdem klang es dann in der Aufführung, als würde die Musik gerade entstehen. Das war eine faszinierende Erfahrung für mich." Zur Aufnahmeprüfung mit dem ersten Lied der "Schönen Müllerin" am Salzburger Mozarteum kam Andrè Schuen jedenfalls mit seiner Naturstimme und niemand war sich so ganz sicher, ob aus ihm ein Bass, Bariton oder gar Tenor wird. Dabei war für Andrè Schuen zu diesem Zeitpunkt das Ziel, professioneller Cellist zu werden, noch ganz nah. Letztlich überwog dann aber doch die Liebe zum Gesang. "Aber wenn man mir mit 17 gesagt hätte, ich würde Opernsänger werden, wäre meine Antwort gewesen: Um Himmels willen nein!"

Immer noch fühlt sich Schuen zuhause in seinem Tal in den Dolomiten, wo Ladinisch gesprochen wird, so wohl wie nirgendwo anders auf der Welt. Und er ist sich sicher: "Falls es mal mit dem Singen nicht mehr so gut läuft, dann kann ich immer zurück und dort irgendeinen Job machen. Dank Landschaft und Familie würde ich auch sehr glücklich sein." Gesungen hat der junge Andrè Schuen schon immer - etwa zusammen mit seinen Schwestern und einer Cousine, die heute als Kunstlied-Trio Ganes erfolgreich sind. Das Trio singt seine Lieder auf Ladinisch, eine alte rätoromanische Sprache, die heute grade mal noch von 30 000 Menschen in ein paar wenigen Alpentälern gesprochen wird.

Schon während seines Studiums am Mozarteum sang Schuen mit Anfang Zwanzig kleine Partien bei den Salzburger Festspielen und am Salzburger Landestheater, befasste sich aber auch viel mit Kirchenmusik. "Manchmal drei Messen an einem Tag, von Mozart habe ich alle schon gemacht", sagt er. Dann kam das Young Singers Project der Festspiele und unmittelbar danach ein festes Engagement in Graz. Von 2010 bis 2014 sang der junge Bass-Bariton Jeletzki ("Pique Dame"), Masetto und Papageno, Sir Ford ("Falstaff") und er verkörperte den Belcore in Donizettis "L'elisir d'amore" als "Frauenflüsterer", wie ein Kritiker schrieb. Aber auch die Attribute "viril" und "Pracht-Bariton" darf er - zu Recht - immer wieder lesen.

Davon zeugt auch die gerade erschienene Debüt-CD mit dem Liederkreis op. 24 von Robert Schumann, Goethes Harfner-Gesängen, vertont von Hugo Wolf, und den Jedermann-Monologen von Frank Martin. Für einen erst 30 Jahre alten Sänger klingt das ungemein farbenreich, reif und tiefgründig. Und obwohl Schuen eine positive, heitere Ausstrahlung besitzt, betont er: "Das Ernste, Schwermütige fällt mir beim Singen einfach leichter und auch auf der Bühne mag ich die negativen und aggressiven Typen lieber." Deshalb hat er in seinem allerersten Liederabend auch gleich die "Winterreise" gesungen und kann er das "Herr lehre doch mich, dass ein Ende mit mir haben muss" im "Deutschen Requiem" von Johannes Brahms so großartig gestalten, wie im vergangenen Jahr in der Kölner Philharmonie.

Das soll freilich nicht heißen, dass Andrè Schuen am leichtfertigen Guglielmo, der sich mit Verve in ein sexuelles Abenteuer stürzt, nicht auch großen Spaß hätte, aber er betont: "Wie tief getroffen dieser Mann in seinem Macho-Ego ist, zeigt sich am Ende, wenn alle diese schöne Phrase singen und ich mir grollend wünsche, dass im Glas der anderen doch Gift enthalten wäre. Aber darstellerisch ist das natürlich viel spannender." Sagt's und verfällt wieder in sein schönes, dunkles Naturburschen-Lachen.

Così fan tutte, Cuvillièstheater, Samstag, 13. Juni, 19.30 Uhr (Premiere).

© SZ vom 13.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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