Neues Album von K.I.Z:Warum überhaupt noch Koks?

Lesezeit: 2 min

"Hurra die Welt geht unter": Die Berliner Rap-Crew K.I.Z legt auf ihrem neuen Album dem Krawallhumor die Zügel an. Kann das gut gehen?

Von Jan Kedves

Warum tun wir uns das an?

Als K.I.Z im Jahr 2005 mit ihrem Album "Das RapDeutschlandKettensägenMassaker" debütierten, lag Deutschrap im kreativen Koma. Die Berliner Crew konnte mit gekonntem Sloganizing und derbster Ironie auf Anhieb punkten. Dass der Rapstil von Tarek, Nico und Maxim immer auch ein bisschen holperte: egal. Mittlerweile erreicht deutscher Rap auch andernorts kreative wie kommerzielle Höchststände - siehe Zugezogen Maskulin, Antilopen Gang, Haftbefehl, Celo & Abdi und andere. Können K.I.Z sich unter diesen Bedingungen behaupten? Das neue Album "Hurra die Welt geht unter" - ihr fünftes - gibt sich dem Titel nach angemessen dystopisch.

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Was gibt es auf dem neuen Album zu hören?

"Hurra die Welt geht unter" ist eine zwiespältige Mischung aus herausgeballerten Sexisten-Provo-Raps, wie man sie von K.I.Z schon kennt, und einer neuen, scheinbar ernst gemeinten Sorge um den Zustand der Welt und Deutschlands. Inspiriert von alten Mottos der Situationistischen Internationalen ("Unter den Pflastersteinen wartet der Sandstrand"; "Auf den Trümmern das Paradies"), beschreiben Maxim, Tarek und Nico im Titeltrack ein postapokalyptisches, verwildertes Kreuzberg. Hier sind die Menschen zum Neustart gezwungen und damit sehr glücklich: ohne Kleider, ohne Geld, ohne Religion, ohne Sexismus. Es scheint, als wollten auch K.I.Z einen Neustart machen und mal einen subtileren Humor ausprobieren. Dazu passen aber die anderen Tracks des Albums nicht - "Hurra die Welt geht unter" fällt auseinander.

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Bester Moment

"Das Kannibalenlied", ein mit Pathos aufgepumpter Marsch, in dem der Duktus von nationalsozialistischen Propagandaliedern und sozialistischen Arbeiterliedern übereinander gelegt wird. Begleitet von Frauenchören und rollendem Führer-R, preisen sich K.I.Z hier singend als "Kannibalen in Zivil - Aufrecht! Weise! Stabil!". Das ist vom Ansatz her immer noch Hip-Hop, auch wenn es musikalisch kein bisschen danach klingt - was auch zu dem schönen Effekt führt, dass man über die eingestreuten Rap-Fachtermini wie "Wackness" oder "Hater" umso mehr lachen muss. Aber, Moment, "Das Kannibalenlied" ist nur ein Teaser, der das Album bewerben soll und auf dem Album selbst gar nicht dabei ist. Großer Fehler!

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Schlimmster Moment

Die Erkenntnis, dass "Das Kannibalenlied" fehlt.

Außerdem schlimm, die Momente, in denen man denkt: "Schon gehört". Zum Beispiel der Track "Ariane", geschrieben aus Perspektive eines Bürohengsts, der nach oben bückt und nach unten tritt. Das haben Deichkind vor drei Jahren mit "Bück dich hoch" ähnlich, und besser, hinbekommen. Auch schlimm, weil einfallslos: In der Hälfte der Stücke wird gekokst. Mal aus Selbstmitleid (in "Freier Fall"), mal aus Imponiergehabe und unbedingtem Willen zur Krassheit (in "AMG Mercedes" und "Ehrenlos"), dann aber auch - böse! - um ein armes Mädchen gefügig zu machen (schon erwähnt: "Ariane"). Ja, was denn nun? Und warum überhaupt noch Koks? Nehmen jetzt nicht alle Ayahuasca?

Unbedingt kaufen sollten Sie das Album trotzdem, wenn ...

...Sie der Meinung sind, dass man es auch wegen eines einzelnen richtig guten Tracks kaufen kann. Den gibt es hier nämlich, er heißt "Boom Boom Boom" und ist musikalisch eine sehr lustige Mischung aus dem Staubsauger-Techno-Sound von Joey Beltrams "Mentasm" und dem gleichnamigen Trash-Hit der Vengaboys ("Boom Boom Boom Boom / I want you in my room"). Inhaltlich geht es um Fremdenfeindlichkeit in Deutschland und das Weiterwirken der Nazi-Mentalität unter altbraunem oder bunterem Deckmantel - letzteres nennen K.I.Z "Party-Patriotismus".

Man kann "Boom Boom Boom" problemlos mit "Oranienplatz" von Zugezogen Maskulin und "Beate Zschäpe hört U2" von der Antilopen Gang hören und hat dann eine schöne Trilogie zusammen: deutscher Hip-Hop, der sich gegen die immer hässlicher werdenden Auswüchse rund um Pegida, AfD und Freital positioniert.

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